Fahrbericht Nio EL7: Der Große mit Wechselbatterie

Von Dirk Kunde Lesedauer: 6 min

Der EL 7 ist Nios großer SUV. Auf einer sommerlichen Testfahrt zu einer Wechselstation in den Niederlanden entfaltet sich sein Komfortangebot, aber auch sein Energiehunger.

Der EL 7 ist Nios großer SUV. Auf einer Fahrt zu einer Wechselstation in den Niederlanden wurde das chinesische Premiumprodukt ausführlich getestet.
Der EL 7 ist Nios großer SUV. Auf einer Fahrt zu einer Wechselstation in den Niederlanden wurde das chinesische Premiumprodukt ausführlich getestet.
(Bild: Dirk Kunde)

„Kein Problem“, antwortet Nio auf meine Bitte und öffnet das Glasdach. Jetzt spüre ich den Wind der Nordsee in meinen Haaren, während ich über die niederländische Landstraße rolle. Vom großen Panoramadach im elektrischen SUV lassen sich die vorderen 70 Zentimeter öffnen. Sobald ich die Autobahnauffahrt erreiche, schließe ich das Dach per Sprachbefehl wieder. Es wird zu laut im Innenraum.

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Zwei Dinge unterscheiden Nio vom Wettbewerb: der Batteriewechsel und Nomi. Jeder Hersteller hat inzwischen einen Sprachassistenten im Angebot. Doch die chinesische Automarke gibt seiner Assistentin einen Kugelkörper als auch ein Gesicht. Nomi lächelt den Fahrer an, spielt Gitarre, wenn Musik läuft oder döst, wenn es nichts zu tun gibt. Zum Glück döst sie diesmal öfter. Bei der ersten Fahrt mit dem Nio EL 7 im Frühjahr rund um Hamburg, haben ihre ständigen Warnungen genervt.

Zum Glück ist sie ruhiger geworden. Jetzt ermahnt sich mich, konzentriert zu bleiben, falls ich zur Seite aus dem Fenster oder nach unten in die Ablage schaue. Hier arbeitet ein Fahrerbeobachtungssystem, das meine Blickrichtung erkennt.

Das wird schon bald bei vielen Herstellern Standard sein, denn wer beim Euro NCAP die begehrten fünf Sterne will, muss ein derartiges Driver Monitoring Systems in seinen Fahrzeugen verbauen. Jetzt stören nur noch die vielen Pings und Bongs, die man hört, falls man eine seitliche Spurmarkierung überfährt oder den Tempomaten aktiviert. Die meisten Töne bekomme ich ausgeschaltet, doch beim nächsten Start ist alles wieder an.

Batteriewechsel ausprobieren

Doch die diversen Warntöne können meiner entspannten Sommerreise in dem 4,91 Meter langen SUV nichts anhaben. Schon bei meiner ersten Runde im Frühjahr 2023 war ich vom Komfort und der Verarbeitung des E-Autos aus China angetan. Allerdings blieb die Frage offen: Wie schlägt sich der EL 7 auf langer Strecke? Also geht es jetzt von Hamburg in den Süden der Niederlande. Einmal wegen des Freizeitwertes an der Nordeseeküste, zum anderen weil in dem kleinen Land sieben Nio-Wechselstationen zur Auswahl stehen. Die Zahl ist in Deutschland identisch, doch ist unser Land deutlich weitläufiger.

Von Hamburg müsste ich bis Großburgwedel bei Hannover für einen Batteriewechsel fahren. In Europa hat Nio inzwischen 25 dieser Wechselstationen in Betrieb. Kein Vergleich zu den 1.681 im Heimatmarkt China. Insgesamt wurden bereits 27,2 Millionen Tauschvorgänge automatisiert absolviert. Die Tauschstation wird bereits in der dritten Generation gebaut und aufgestellt.

Bei meiner Routenplanung in die Niederlande wähle ich ausschließlich die Rubrik „Nio Batteriewechsel-Station“. Mir wird eine Station in Utrecht vorgeschlagen, die auf meinem Weg liegt. Noch stehe ich in Norddeutschland, doch das System zeigt mir bereits, dass sieben geladene Batterien vorhanden sind und niemand an der Station wartet. Ich habe die Wahl zwischen 75 und 100 kWh. Wer eine kleine Batterie für den EL 7 gemietet hat, kann tageweise für Ausflüge oder den Urlaub gegen geringen Aufpreis zur Größeren wechseln. Mein Nio EL 7 ist mit dem großen Energiepaket ausgestattet und dabei will ich es belassen.

Ungenaue Reichweitenberechnung

Natürlich kann man den EL 7 auch mit einem Typ 2- bzw. CCS-Stecker laden. Die kleine Eisenphosphatbatterie mit 75 kWh nimmt bis zu 140 kW Gleichstrom-Ladeleistung. Die größere Lithium-Ionen-Batterie nutzt Nickel-Mangan-Kobalt als Aktivmaterialien und lädt nur mit bis zu 126 kW. Laut Hersteller komme ich mit den 100 kWh bis zu 509 km (WLTP) weit. Doch nach dem Vollladen auf 100 Prozent am Schnelllader zeigt mir mein Fahrerdisplay 486 Kilometer an. Das liegt an meiner Fahrweise und dem Fahrmodus, der in meinen Fall auf Komfort steht.

Mit dem Sport Plus-Modus würde das 2,3 Tonnen schwere Auto in 3,9 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigen. Dafür sorgt der Allrad-Antrieb mit 480 kW, wobei die meiste Zeit nur der permanenterregete Synchronmotor an der Frontachse arbeitet. Bei 200 km/h ist Schluss. Sobald ich die Grenze zu den Niederlanden passiere, ist tagsüber bei 100 km/h und ab 19 Uhr bei 120 bzw. 130 km/h Schluss. Mein Verbrauch sinkt von 24 kWh auf der deutschen Autobahn auf rund 22 kWh in unserem Nachbarland. Für den schweren, 1,72 m hohen Wagen mit einem cW-Wert von 0,26 ist das kein übermäßiger Verbrauch.

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Doch was stört, ist die ungenaue Reichweitenberechnung. Für einen gefahren Kilometer werden in der Anzeige 1,38 km abgezogen. Das klingt zunächst nicht schlimm, aber wenn von 486 Kilometer Reichweite nur 352 Kilometer tatsächlich möglich sind, erschwert es jegliche Reiseplanung. Zumal auf meiner Fahrt Idealbedingungen für das E-Auto herrschen. Es ist trocken und die Temperaturen liegen oberhalb der 20 Grad-Marke.

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