Die Rolle der autonomen Binnenschifffahrt für den Güterverkehr
Mithilfe eines digitalen Testfelds für autonome Binnenschiffe wollen Wissenschaftler des DLR untersuchen, wie sich der Güterverkehr von der Straße auf das Wasser verlagern lässt.
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Nicht nur autonome Fahrzeuge auf der Straße sollen künftig die Mobilität verändern: Auf dem Wasser soll sich künftig auch einiges tun: Kleine, flexible Binnenschiffe, die miteinander kommunizieren, ihre Routen selbst berechnen und ihre Ladung eigenständig auf- und abladen können - und das ganz ohne Kapitän. So sehen Fachleute die Zukunft des vernetzten Güterverkehrs mit autonomen Binnenschiffen zu Wasser. Mithilfe der Automatisierung des Binnenschiffs soll das bislang ungenutzte Potenzial dieses Transportträgers gehoben werden.
Als einen ersten Schritt plant das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zusammen mit Partner aus Industrie und Bund ein digitales Testfelds für Binnenschiffe an der Spree-Oder-Wasserstraße in Brandenburg zwischen den Häfen Königs Wusterhausen und Eisenhüttenstadt. Mit dem Aufbau soll ab 2020 begonnen werden. „Dort haben wir die Möglichkeit, einzelne Basistechnologien zu testen, die das Binnenschiff Schritt für Schritt weiter automatisieren“, sagt Dr. Ralf Ziebold aus dem DLR-Institut für Kommunikation und Navigation in Neustrelitz.
Schiff fährt selbstständig in eine Schleuse
Zusammen mit seinem Team hat Dr. Ziebold bereits einen wichtigen Beitrag bei der Entwicklung von Assistenzsystemen für Binnenschiffe geleistet. Aktuell arbeiten die Forscher an einer Technik, mit der das Schiff automatisch in eine Schleuse ein- und ausfahren kann, ohne dass der Kapitän eingreifen muss. Solche oder ähnliche Techniken könnten in Zukunft auf dem Testfeld untersucht werden. Dabei spielt die Navigation mit globalen Satellitennavigationssystemen wie Galileo eine wichtige Rolle. Die Forscher sind sich sicher, dass aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen, zukünftig auch komplett autonom fahrende Binnenschiffe auf dem Testfeld fahren können.
Darüber hinaus möchten die Wissenschaftler erforschen, an welchen Stellen Schiffe in etablierten Gütertransportketten eingesetzt werden können. Heute läuft der Großteil der Transporte über Lkw auf der Straße. Wenn ein Teil des Gütertransports aufs Wasser verlagert wird, könnte das den Straßenverkehr stark entlasten. „Der Bundesverkehrswegeplan sieht vor, dass bis zum Jahr 2030 der Güterverkehr mit Binnenschiffen um 23% wachsen soll. Doch dazu muss der Verkehrsträger wettbewerbsfähiger werden“, ergänzt Ziebold. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden 2017 lediglich fünf Prozent der Güter mit dem Binnenschiff befördert. Dabei könnte der Transport über Wasserstraßen überfüllte Straßen und Autobahnen vom Lkw-Verkehr entlasten, zusätzlich entstehen weniger Emissionen und nahezu keine Lärmbelastung.
Unfallrisiken frühzeitig erkennen
Aktuell wird das Binnenschiff häufig für den Transport von Massengütern wie Kohle oder Erz eingesetzt. Als Konsequenz sind die Schiffe in den letzten Jahren immer länger, breiter und schwerer geworden. „Da der Transport von Massengütern - beispielsweise durch den Kohleausstieg - zurückgeht und der von Containerladungen sowie Schwergut beständig zunimmt, muss auch das Binnenschiff flexibler werden“, erläutert Ralf Ziebold. Die Wissenschaftler möchten untersuchen, welche weiteren Anwendungen möglich sind, beispielsweise kleinere Container-Einheiten, die eigenständig auf- und abgeladen werden können. Digitale Assistenzsysteme können dabei die energie- und ressourcensparendste Fahrweise ermitteln sowie Unfallrisiken frühzeitig erkennen.
Die Partner sind sich einig, dass die Spree-Oder-Wasserstraße ein idealer Ort für das Testfeld ist. Hier herrscht wenig Binnenschiffsverkehr und damit eine geringe Kollisionsgefahr mit Gefahrguttransporten. Außerdem befindet es sich im Einzugsgebiet der Hauptstadt und die Strecke verfügt über wichtige Infrastrukturen wie Häfen und Schleusen. Neben dem DLR sind auch der Hafen Königs Wusterhausen, der Hafen Eisenhüttenstadt, der Bundesverband öffentlicher Binnenhäfen e.V., Alberding sowie die HPC Hamburg Port Consulting an dem Projekt beteiligt.
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