Autonomes Fahren China baut Kommerzialisierung von Robotaxi-Flotten weiter aus

Von Henrik Bork

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Während die US-Konkurrenz derzeit beim Thema Robotaxis stolpert oder zumindest ausgebremst wird, nimmt das Geschäftsmodell in China weiter Formen an. So dürfen nun auch in Peking Fahrgäste komplett autonom transportiert werden.

Kommerzielle Taxifahrten ganz ohne Fahrer könnten in Peking schon in der ersten Hälfte dieses Jahres erlaubt werden. Unter anderem sind neue Lizenzen an das von Toyota unterstützte Start-up Pony.ai vergeben worden.
Kommerzielle Taxifahrten ganz ohne Fahrer könnten in Peking schon in der ersten Hälfte dieses Jahres erlaubt werden. Unter anderem sind neue Lizenzen an das von Toyota unterstützte Start-up Pony.ai vergeben worden.
(Bild: Pony.aI)

Kommerzielle Taxifahrten ganz ohne Fahrer könnten in Peking schon in der ersten Hälfte dieses Jahres erlaubt werden. Seit der Jahreswende sind als Vorbereitung dafür zwei neue Lizenzen an „Apollo Go“ von Baidu und an das von Toyota unterstützte Start-up Pony.ai vergeben worden.

Die beiden Rivalen für das Betreiben von autonomen „Robotaxi“-Flotten dürfen seit Anfang dieses Jahres auch in der chinesischen Hauptstadt jeweils zehn Taxis völlig „fahrerlos“ betreiben. Ein „Sicherheits-Offizier“, der bislang mit im Wagen sitzen musste, um im Notfall eingreifen zu können, muss die Testfahrten jetzt nur noch aus der Ferne auf einem Bildschirm in der Firmenzentrale beobachten. Von da aus kann er die Fahrzeuge kontrollieren.

In der chinesischen Provinz, in den Metropolen Chongqing und Wuhan, hatten solche „Level-4“-Tests bereits im August vergangenen Jahres begonnen, nachdem Apollo Go die erste Lizenz dafür erhalten hatte. Bisher hat es keine wesentlichen Zwischenfälle gegeben.

Meilenstein Peking

Die Ausweitung der somit fast autonomen Robotaxi-Flotte auf Peking gilt in China als wichtiger Meilenstein bei der Kommerzialisierung des autonomen Fahrens insgesamt, da die chinesische Hauptstadt die Heimat des Politbüros der Kommunistischen Partei Chinas ist und daher stets besonders streng regiert wird, auch was den Straßenverkehr betrifft.

Chinas Behörden signalisieren damit, dass sie sich weltweit bei der Entwicklung des autonomen Fahrens an die Spitze setzen wollen. In anderen Ländern hat es in jüngster Zeit verschiedene Rückschläge für Robotaxi-Betreiber gegeben - und Peking wittert daher offenbar wieder einmal eine Chance, eine Zukunftstechnologie im globalen Vergleich dominieren zu können, wie es bereits bei der Wind- und Solarenergie gelungen ist.

Rückschläge der US-Konkurrenz

In den USA kämpft Tesla mit einer Untersuchung durch die Strafverfolgungs-Behörden, nachdem man sich an der Ankündigung Teslas gestört hatte, dass sich seine E-Autos bald „selbst fahren“ können. Es gibt ja auch kaum etwas, was in den USA nicht die Anwälte auf den Plan ruft.

Drei Jahre, nachdem Elon Musk ganz optimistisch dachte, schon bald eine Flotte von einer Million Robotaxis auf die Straßen der USA bringen zu können, sitzt daher bei seinen Testfahrten immer noch ein Sicherheitsfahrer mit im Auto.

Auch „Cruise“, die Robotaxi-Sparte von GM, kämpft mit eifrigen Ordnungsbeamten, die das Start-up mit neuen Ermittlungen überzogen haben, seit es einige technische Komplikationen gegeben hat.

Konservative Genehmigungsbehörden in mehreren Ländern und immense Kosten waren wohl auch der Grund, warum Volkswagen und Ford ihr gemeinsames Start-up für das autonome Fahren namens Argo AI im Oktober vergangenen Jahres wieder eingestampft haben.

Pragmatismus in China

Das pragmatischere China aber lässt schrittweise immer mehr Straßentests zu und seine heimischen Start-ups Erfahrungen sammeln, bevor es die volle Regelungswut seiner Bürokraten entfesselt. Die Regierung tastet sich gemeinsam mit der Industrie langsam und vorsichtig voran, anstatt die Kreativität der heimischen Ingenieure schon von Anfang an gnadenlos unter Paragraphen zu beerdigen.

Chinas Behörden haben bereits 5.000 Straßenkilometer im ganzen Land für autonome Fahrtests freigegeben und mehr als 900 Test-Lizenzen erteilt, sagte der Beamte Guo Shougang vom Pekinger Industrieministerium MIIT kürzlich während einer Podiumsdiskussion.

Zusätzlich zu den neuen fahrerlosen Tests in Peking, wo Sicherheitsoffiziere ab jetzt also nur noch per „Fernbedienung“ aus der Zentrale eingreifen müssen, wird seit Anfang dieses Jahres auch an der Erweiterung der Zone für solche Robotaxi-Versuche in der Hauptstadt gearbeitet. Neben den bisherigen 60 Quadratkilometern in einer Industriezone in der Nähe von Peking werden gerade weitere 100 Quadratkilometer in dem Vorort „Yizhuang New City” vorbereitet. Schon bald könnten auch die ersten autonomen Testfahrten zu einem der Pekinger Flughäfen kommen, heißt es in Industriekreisen in Peking.

Baidu mit riesiger Testzone in Wuhan

Baidu, der chinesische Suchmaschinen-Betreiber, der seit rund fünf Jahren an seiner Diversifizierung in Richtung KI und autonomes Fahren arbeitet, hat jedenfalls noch weitere ambitionierte Pläne: 2023 sollen landesweit in China 200 fahrerlos fahrende Taxis für Apollo Go lanciert werden. Die Testzone in Wuhan, einer der innovativsten Städte Chinas mit großen Hoffnungen für die Transformation seiner Autoindustrie, soll verdreifacht werden.

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Man wolle „das größte fahrerlose Taxi-Gebiet der Erde“ errichten, kündigen Konzernsprecher von Baidu an. Schon bald könnten sich in der Volksrepublik die Kosten für kommerzielle Fahrten in so einem Robotaxi im Vergleich zu normalen Taxifahrten mit Fahrern halbieren, prophezeit der Internet- und KI-Konzern.

Über den Autor

Henrik Bork ist Managing Director bei Asia Waypoint, einer auf China spezialisierten Beratungsagentur mit Sitz in Peking. „China Market Insider“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Vogel Communications Group, Würzburg, und der Jigong Vogel Media Advertising in Beijing.

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