Urbaner Luftverkehr Geely und Co. investieren in fliegende E-Autos

Von Henrik Bork

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Chinesische Automobilhersteller wie Geely oder Xpeng sind aktive Treiber der Flugauto-Technologie. Sie soll eine weitere Alternative für den urbane Verkehr sein – elektrisch, komfortabel und bestenfalls ohne Landebahnen.

Der Traum vom fliegenden Auto nimmt in China immer mehr Formen an. Die Zahl der Player und der Testfluglizenzen nimmt dort kontinuierlich zu.
Der Traum vom fliegenden Auto nimmt in China immer mehr Formen an. Die Zahl der Player und der Testfluglizenzen nimmt dort kontinuierlich zu.
(Bild: Klein Vision)

Schritt für Schritt, oder besser gesagt Hüpfer für Hüpfer, kommen chinesische Unternehmen ihrer Vision vom fliegenden E-Auto näher. Einen neuen Meilenstein auf diesem Weg konnte die Geely-Tochter Aerofugia jetzt vermelden, als sie erfolgreich einen bemannten Testflug mit ihrem Prototypen „AE200 X01“ beendet hat.

Dies sei das „größte bemannte eVTOL“ dieser Art, das je getestet worden sei, sagte ein Aerofugia-Sprecher. Damit sei ab sofort der Weg frei für eine „Serie weiterer Tests“ und innerhalb von „drei bis fünf Jahren“ hoffe die Firma dann, eine kommerzielle Lizenz zum Betrieb solcher „Electric Vertical Take Off and Landing“-Fahrzeuge im chinesischen Luftraum erhalten zu können.

Erst zwei Monate zuvor hatte das zur „Zhejiang Geely Holding Group“ des Mercedes-Investors Li Shufu gehörende Unternehmen die Lizenz zur Durchführung solcher Testflüge erhalten. Damit ist die Geely-Tochter Aerofugia zu einem ernst zu nehmenden Mitbewerber im neuen Markt für fliegende Autos geworden, der Schätzungen zufolge im Jahr 2024 global zu einer mehrere Billionen US-Dollar großen Industrie heranwachsen wird.

Der gerade getestete Prototyp aus der AE200-Serie hat Platz für einen Piloten und vier Passagiere. Das Auto braucht keine Landebahn zum Abheben oder Landen und soll nach den Vorstellungen seiner Entwickler schon bald für „sichere und komfortable Kurzstreckenflüge innerhalb von Großstädten oder auch über Land zu nahegelegenen Städten genutzt werden.“

Ausländische Technologie hilft Geely

Geely verfolgt dieses Projekt aus der Abteilung „Zukunft der Emobilität“ mit der gleichen Strategie, die es schon erfolgreich bei der Entwicklung von Autos getestet hat: Der Konzern beteiligt sich an Start-ups und technologisch führenden Unternehmen im Ausland und investiert dann stark in die weitere Forschung & Entwicklung der dadurch legal erworbenen Technologien.

Schon 2017, also ein Jahr bevor der Milliardär Li Shufu in Deutschland als zweitgrößter Einzelaktionär der Mercedes-Benz-Gruppe einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde, hatte er das US-Start-up Terrafugia gekauft, das mit dem „Transition“ eines der ersten fliegenden Autos überhaupt entwickelt hatte.

2019 investierte Geely dann in Volocopter, das deutsche Flugtaxi-Start-up. Und 2020 folgte die Fusion von Terrafugia mit dem chinesischen Drohnen-Produzenten AOSSCI zur neuen Geely-Tochter Aerofugia.

Über Autos hatte Li Shufu einmal gesagt, sie seien eigentlich nichts anderes als „ein Sofa auf vier Rädern in einer eisernen Schale”. Nun also macht er sich an die Entwicklung von fliegenden Sofas in einer Art überdimensionierter Drohne.

Testfluglizenzen als Indikator

Im jetzigen, frühen Entwicklungsstadium der chinesischen Industrie für fliegende E-Autos, ist vor allem das Erlangen von Lizenzen für Testflüge eines der sichersten Zeichen dafür, wer in diesem Rennen um künftige Milliardengeschäfte gerade die Nase vorn hat.

Am selben Tag, an dem Aerofugia stolz seinen jüngsten Testflug vermelden konnte, erhielt auch die eVTOL-Tochter des chinesischen E-Auto-Startups Xpeng erneut eine der begehrten Lizenzen für bemannte Testflüge von der chinesischen Flugaufsichtsbehörde CAAC, die in China in der Regel etwa ein Jahr lang gültig sind.

Der „X2“ wird von seinem Entwickler, der Firma „Xpeng AeroHT“ schon als fliegendes Auto bezeichnet, obwohl es momentan noch gar keine Räder hat. Es darf jetzt schon einmal herumfliegen und wichtige Daten für künftige Sicherheitstests sammeln, während das Unternehmen noch an einer Version mit Rädern arbeitet.

Der Xpeng-Gründer He Xiaopeng hatte letztes Jahr immerhin schon einen Prototypen mit vier Rädern und acht elektrisch betriebenen Rotoren vorgestellt, die sich an Land auf dem Dach der Limousine zusammenfalten lassen wie in einem James-Bond-Film.

Die chinesische Regierung hat unterdessen begonnen, ihren früher vom Militär mit Argusaugen bewachten Luftraum unterhalb von 1.000 Metern Flughöhe für solche Experimente immer häufiger freizugeben.

Unterstützung solcher Projekte auch in Japan

Welche Aufsichtsbehörden die Industrie am besten unterstützen ist ein entscheidendes Kriterium dafür, ob risikobereite Unternehmen in China, Europa, den USA oder Japan zuerst den wichtigen Schritt zur Massenfertigung fliegender Autos nehmen können - und Peking handelt entsprechend, um seiner heimischen Industrie einen Startvorteil zu verschaffen.

Im März vergangenen Jahres hat das chinesische Transportministerium in einem Plan die Entwicklung fliegender Autos als einige der wichtigsten industriepolitischen Projekte Chinas in seinem Zuständigkeitsgebiet bezeichnet. Jetzt arbeitet man an der Implementierung des Plans.

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Eine ähnlich starke Unterstützung seitens der Regierung für Pioniere der eVOTL-Industrie wie in China ist momentan nur noch in Japan zu beobachten, wo Toyota und eine Reihe von Mitbewerbern ebenfalls fliegende Autos entwickeln.

Erst am 17. Februar konnte das Konsortium MASC einen bemannten Testflug über dem Meer vor der Stadt Oita durchführen, nachdem das Transportministerium erstmals eine entsprechende Genehmigung erteilt hatte. MASC hatte im Jahr 2021 zunächst mit unbemannten Testflügen begonnen.

Über den Autor

Henrik Bork ist Managing Director bei Asia Waypoint, einer auf China spezialisierten Beratungsagentur mit Sitz in Peking. „China Market Insider“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Vogel Communications Group, Würzburg, und der Jigong Vogel Media Advertising in Beijing.

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