Elektromobilität Wie weit verbreitet Grünstrom in der deutschen Ladeinfrastruktur ist
Elektroautos können ihr volles Umwelt-Potenzial nur dann ausspielen, wenn sie mit Grünstrom beladen werden. Das Fraunhofer-ISI-Institut hat nun ermittelt, wie hoch der Anteil an Öko-Energie an Lademöglichkeiten ist. Deutschland schneidet dabei im europäischen Vergleich gut ab.
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Laut dem Fraunhofer-ISI-Institut haben Elektroautos, die komplett mit Grünstrom geladen werden, gegenüber Verbrenner-Fahrzeugen einen zwischen 65 und 75 Prozent besseren CO2-Fußabdruck. Doch wie gut ist die Versorgung der Stromer mit Energie aus regenerativen Quellen? 2021 lag der Öko-Anteil am deutschen Gesamt-Strommix bei 46 Prozent. Bei der Versorgung von E-Autos ist er offenbar höher.
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Der Kampf um Lade-Kunden wird intensiver
Darauf deutet jedenfalls eine nicht repräsentative Fraunhofer-Umfrage im Auftrag von Volkswagen hin. Insgesamt 867 E-Auto-Fahrer (90 % BEV, 10 % PHEV) befragten die Forscher. 84 Prozent der Umfrageteilnehmer besitzen nach eigener Aussage eine Ökostromvertrag (EU-Durchschnitt: 63 %). Der Anteil liegt damit deutlich über dem Gesamtdurchschnitt deutscher Haushalte: Insgesamt setzte hierzulande im Jahr 2020 nicht einmal jeder dritte (30 %) auf einen Grünstrom-Vertrag. Die starke Verbreitung unter den Elektroauto-Besitzern dürfte allerdings nicht zuletzt mit der staatlichen Wallbox-Förderung zusammenhängen, die es für Privatpersonen zeitweise gab. Diese war an den Abschluss eines Ökostrom-Vertrags geknüpft.
Aber auch außerhalb der privaten Räume ist Ökostrom an Lademöglichkeiten in Deutschland weit verbreitet. Eine Umfrage unter Flottenmanagern ergab, dass Unternehmen, die ihren Mitarbeiten Möglichkeiten zum Laden anbieten, zu 81 Prozent auf Grünstrom setzen (EU-Durchschnitt: 60 %). Im öffentlichen Raum sieht es ähnlich aus: Der Ökostrom-Anteil an AC-Ladesäulen lag laut Fraunhofer-Recherchen hierzulande im Jahr 2020 bei mindestens 84 Prozent (EU: 62 %). Bei öffentlichen Schnellladesäulen waren es mindestens 75 Prozent (EU: 57 %).
Nicht jeder Ökostromvertrag ist wirklich öko
Allerdings ist nicht jeder Ökostromvertrag auch wirklich öko. Längst nicht alle Grünstrom-Verträge sind über entsprechende Labels zertifiziert. Nach Fraunhofer-Empfehlung sollten gute Angebote folgende Anforderungen erfüllen:
- Herkunft zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen, wobei auch Deponie-, Gruben- oder Klärgas dabei zulässig sind.
- Für den eingesetzten Grünstrom sollte ein Doppelvermarktungsverbot gelten. Weder eine EEG- noch eine KWKG-Förderung dürfen dafür gezahlt worden sein.
- Der Strom sollte zu einem gewissen Teil aus neuen Erneuerbaren-Anlagen kommen oder aus EE-Anlagen, die aus der gesetzlichen Förderung herausgefallen sind (um im Falle einer Stilllegung diese zu vermeiden)
- Möglich ist auch, andere sogenannte Klimawandelprojekte zu fördern, wie
- beispielsweise Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen.
Als wünschenswerte Standards führen die Forscher zudem auf, dass der Grünstrom möglichst räumlich nahe produziert werden sollte und Stromerzeugung und Strombezug möglichst ohne große Zeitabstände erfolgen sollten.
Obwohl die meisten E-Auto-Fahrer wohl kaum derart penibel bei der Auswahl ihres Ökostromvertrags vorgehen, kann man laut Fraunhofer-Forscher Martin Wietschel davon ausgehen, dass sie ein vergleichsweise hohes Umweltbewusstsein haben. Beispielsweise habe fast die Hälfte der Befragten (48 %) angegeben, eine eigene Photovoltaik-Anlage zu besitzen und so einen Teil der Energie für ihr E-Auto auch selbst regenerativ zu produzieren. Und sogar 71 Prozent erklärten, mit ihrem Elektrofahrzeug einen Pkw mit Verbrennungsmotor ersetzt zu haben.
59 Prozent laden vor allem Zuhause
Die Verbreitung von Elektroautos in Deutschland wird in absehbarer Zeit weiter stark zunehmen. Doch gilt das auch für die Verbreitung der Ökostromverträge? Da sind die Fraunhofer-Forscher noch skeptisch. Sabine Preuß, die die Umfrage koordinierte, erläuterte: „Es ist sowohl denkbar, dass der Anteil von Ökostrom beim Laden weiter zunimmt, weil er zu einer sozialen Norm wird und das Umweltbewusstsein entscheidend prägt. Da aber gleichzeitig auch der Anteil der Menschen steigt, die weniger Möglichkeiten haben, beim Laden von Elektrofahrzeugen auf selbst generierte erneuerbare Stromquellen zurückzugreifen – etwa weil sie in Mietwohnungen wohnen und keine PV-Anlagen installieren können – ist ebenso ein sinkender Anteil von Ökostromverträgen vorstellbar.“
Je mehr E-Autos in der breiten Masse ankommen, desto größer dürfte die Bedeutung öffentlicher und teilöffentlicher Lademöglichkeiten, etwa beim Arbeitgeber, werde. Von den Umfrageteilnehmern, von denen die meisten zu den Early Adopters der Elektromobilität zählen dürften, gaben 59 Prozent an, bevorzugt Zuhause zu laden. Am Arbeitsplatz laden 14 Prozent regelmäßig. Auf ebenfalls 14 Prozent kamen öffentliche AC-Lader und auf 12 Prozent frei zugängliche Schnellladepunkte. Bei den Angaben handelt es sich um die Ladehäufigkeit und nicht die Lademenge.
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