ÖPNV und Spritpreise „Populistischer Schnellschuss“: Kritik am geplanten Entlastungs-Paket
Am Donnerstag hat die Koalition die Einführung eines 9-Euro-Monatstickets für öffentliche Verkehrsmittel beschlossen. Der Fahrgastverband Pro Bahn hält davon jedoch wenig. Er fordert andere Alternativen. Auch die Elektromobilitäts-Branche zeigt sich nicht zufrieden mit dem geplanten Maßnahmenpaket.

Der Fahrgastverband Pro Bahn hat das geplante Neun-Euro-Ticket im ÖPNV scharf kritisiert. „'9 für 90' ist aus unserer Sicht ein populistischer Schnellschuss ohne nachhaltige Wirkung“, sagte der Sprecher von Pro Bahn, Karl-Peter Naumann, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Freitag. Die Koalition hatte am Vortag entschieden, dass für 90 Tage eine Fahrkarte für 9 Euro pro Monat eingeführt werden soll.
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Energiepaket bei Mobilität
Energiesteuer auf Kraftstoffe sinkt, 9-Euro-Ticket für den ÖPNV
Aus Sicht von Pro Bahn sei es sinnvoller, die Mittel in den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu investieren. Der Fahrgastverband monierte auch, dass zu viele Fragen zur praktischen Umsetzung offen seien.
Verkehrsminister beraten über Ausbau des ÖPNV
Der Bund will für das „9 für 90“-Ticket die Regionalisierungsmittel an die Länder erhöhen. Damit unterstützt der Bund die Länder beim ÖPNV-Angebot. Die Allianz pro Schiene kritisierte, dass die im Koalitionsvertrag angekündigte Erhöhung dieser Gelder noch nicht erfolgt sei. „Daran ändert auch das jetzt beschlossene Neun-Euro-Ticket für drei Monate nichts“, sagte Geschäftsführer Dirk Flege dem RND.
Die „Wirtschaftsweise“ Veronika Grimm begrüßte dagegen das Vorhaben. „Es ist, glaube ich, richtig, Menschen mit niedrigen Einkommen, bedürftige Menschen auch zu entlasten. ÖPNV zu vergünstigen, das ist ebenfalls richtig“, sagte sie im Deutschlandfunk. Sie kritisierte aber die Senkung der Benzinpreise als kontraproduktiv mit Blick auf den Klimaschutz.
Die Ampelkoalition hatte am Donnerstag angekündigt, dass alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen in Deutschland eine einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro als Zuschuss zum Gehalt bekommen sollen. Speziell um Pendler und Betriebe angesichts der drastisch gestiegenen Spritpreise zu unterstützen, soll für eine Dauer von drei Monaten außerdem die Energiesteuer auf Kraftstoffe auf das europäische Mindestmaß abgesenkt werden.
Gehen die Maßnahmen zulasten der Elektromobilität?
Der Geschäftsführer des Elektro-Verbands ZVEI, Wolfgang Weber, forderte, Benziner und Diesel bei den geplanten Entlastungen nicht gegenüber Elektroautos zu bevorteilen. „Es ist verständlich, dass die Bundesregierung die Autofahrer von den hohen Spritpreisen entlasten will“, sagte er. Dabei müsse im Verkehrssektor aber die Attraktivität eines Umstiegs auf alternative Antriebe erhalten bleiben. Bleibe es bei der aktuellen Unausgewogenheit, gehe „die Schere zwischen fossilem und elektrischem Tanken weiter auf“.
Ergänzend müssten daher die Kosten für Elektrizität im Verkehr ähnlich abgefedert werden. Der Leiter des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie schlug entsprechende Schritte vor – etwa die Senkung der Stromsteuer „auf EU-Mindestmaß“ oder eine schon effektiv auf null gedrückte Ökostrom-Umlage, deren Abschaffung das Kabinett zum 1. Juli plant.
Über ein Aussetzen der Umlage zur Kraft-Wärme-Kopplung – also der gleichzeitigen Erzeugung von Strom und nutzbarer Wärme – ließen sich Kosten ebenso reduzieren. „Der politische Fokus sollte konsequenter auf die Elektrifizierung auf Basis erneuerbarer Energien gelegt werden“, so Weber – „auch, um bestehende Abhängigkeiten von Energieimporten aus Russland schnellstmöglich zu reduzieren“.
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