Elektromobilität – Power IC aus Galliumnitrid mit integrierter Sensorik

Redakteur: Dipl.-Ing. (FH) Hendrik Härter

Einem Fraunhofer-Forscherteam ist es gelungen, die Funktionalität von GaN-Power-ICs für Spannungswandler signifikant zu steigern: Am Fraunhofer IAF integrierten die Forscher Strom- und Temperatursensoren zusammen mit Leistungstransistoren, Freilaufdioden und Gate-Treibern auf einem GaN-basierten Halbleiterchip.

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Flexible Lademöglichkeiten: Fraunhofer-Forscher haben jetzt einen Power IC auf Basis von Galliumnitrid entwickelt, der mit integrierter Sensorik ausgestattet ist.
Flexible Lademöglichkeiten: Fraunhofer-Forscher haben jetzt einen Power IC auf Basis von Galliumnitrid entwickelt, der mit integrierter Sensorik ausgestattet ist.
(Bild: Ralf Grömminger Fotografie GmbH / Bosch)

Damit sich Fahrzeuge mit Elektroantrieb langfristig durchsetzen können, sind flexiblere Lademöglichkeiten notwendig. Um Ladesäulen mit Wechselstrom, Wandladestationen oder gegebenenfalls herkömmliche Steckdosen für das Laden zu nutzen, sind On-Board-Ladegeräte notwendig. Diese im Fahrzeug mitgeführte Ladeelektronik muss möglichst klein, leicht und kostengünstig sein. Dafür braucht es extrem kompakte und gleichzeitig effiziente leistungselektronische Systeme wie etwa Spannungswandler.

Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF forscht seit mehreren Jahren an der monolithischen Integration für die Leistungselektronik. Dabei werden mehrere Einzelkomponenten wie etwa Leistungsbauelemente, Ansteuerung und Sensorik auf einem Halbleiterchip vereint. Die Basis hierfür ist das Halbleitermaterial Galliumnitrid. Basierend auf einem Leistungstransistor der 600-V-Klasse ist es den Fraunhofer-Forschern bereits 2014 gelungen, intrinsische Freilaufdioden und Gate-Treiber zu integrieren. 2017 wurde dann erstmals eine monolithische GaN-Halbbrücke bei 400 V betrieben.

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Mehrere Einzelkomponenten auf einem Chip

Mit ihren aktuellen Forschungsergebnissen vereinen sie jetzt erstmals Strom- und Temperatursensorik, Leistungstransistoren der 600-V-Klasse mit intrinsischen Freilaufioden und Gate-Treiber in einem GaN-Power-IC. Im Rahmen des Forschungsprojektes GaNIAL haben die Forscher den Funktionsnachweis all dieser Funktionalität in einem GaN Power IC erbracht und damit einen Durchbruch in der Integrationsdichte leistungselektronischer Systeme erlangt.

„Mit der zusätzlichen Integration von Sensoren auf dem GaN-Chip ist es uns gelungen, die Funktionalität unserer GaN-Technologie für die Leistungselektronik signifikant zu steigern“, erklärt Dr. Patrick Waltereit, Projektleiter von GaNIAL und stellvertretender Geschäftsfeldleiter Leistungselektronik am Fraunhofer IAF. Der Titel des Projektes GaNIAL steht für „Integrierte, hocheffiziente Leistungselektronik auf der Basis von Galliumnitrid“. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt entwickelt das Fraunhofer IAF seit 2016 zusammen mit der BMW Group, Robert Bosch GmbH, Finepower GmbH und der Universität Stuttgart leistungsfähige und kompakte Komponenten auf GaN-Basis für die Elektromobilität.

Integrierte Sensorik für direkte Kontrolle

Im Vergleich zu herkömmlichen Spannungswandlern ermöglicht die neu entwickelte Schaltung nicht nur höhere Schaltfrequenzen und damit eine höhere Leistungsdichte, sondern gleichzeitig eine schnelle und genaue Zustandsüberwachung direkt im Chip. „Die erhöhte Schaltfrequenz von GaN-basierter Leistungselektronik ermöglicht zwar immer kompaktere Aufbauten, führt aber zu einer verschärften Anforderung bezüglich deren Überwachung und Regelung. Deshalb ist eine im Chip integrierte Sensorik von großem Vorteil“, betont Stefan Mönch, Forscher im Bereich Leistungselektronik am Fraunhofer IAF.

Bislang wurden Strom- und Temperatursensoren außerhalb des GaN-Chips realisiert. Der integrierte Stromsensor misst rückwirkungsfrei den Transistor-Strom zur Regelung und zum Kurzschluss-Schutz und spart Platz im Vergleich zu sonst üblichen externen Stromsensoren. Dank des integrierten Temperatursensors lässt sich die Temperatur des Leistungstransistors messen und bildet diese thermisch kritische Stelle damit deutlich genauer und schneller ab als bisherige externe Sensoren, da der Abstand und resultierende Temperaturunterschied zwischen Sensor und Messstelle durch die monolithische Integration entfällt. Der GaN-Chip misst 4 mm x 3 mm und bildet die Basis für die weitere Entwicklung von kompakteren On-Board-Ladegeräten.

Die Besonderheit von Galliumnitrid nutzen

Für die monolithische Integration nutzt das Forscherteam das Halbleitermaterial Galliumnitrid, das auf Siliciumsubstrat abgeschieden wurde (GaN-on-Si). Die Besonderheit der GaN-on-Si-Leistungselektronik liegt in der lateralen Beschaffenheit des Materials: Der Strom fließt parallel zur Chipoberfläche, wodurch sich alle Anschlüsse auf der Chipoberseite befinden und über Leiterbahnen verbunden sind. Diese laterale Struktur der GaN-Bauteile erlaubt die monolithische Integration von mehreren Komponenten wie Transistoren, Treibern, Dioden und Sensoren auf einem Chip. „Galliumnitrid verfügt über einen weiteren entscheidenden Marktvorteil gegenüber anderen Wide-Bandgap-Halbleitern wie etwa Siliciumcarbid: GaN kann auf kostengünstigen und großflächigen Silicium-Substraten abgeschieden werden und eignet sich damit für den industriellen Einsatz“, erläutert Mönch.

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