Panion „Die meisten Flotten fangen mit der Elektrifizierung etwas kleiner an“

Von Christoph Seyerlein

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Nach der Gebrauchtwagenbörse Heycar baut Markus Kröger jetzt mit Panion ein neues Start-up auf. Es soll Betreibern von Fahrzeugflotten bei der Elektrifizierung unterstützen. Im Interview erklärt Kröger, was er und sein Team sich vorgenommen haben.

Markus Kröger baut Panion auf.
Markus Kröger baut Panion auf.
(Bild: Heycar/Volkswagen Financial Services)

Markus Kröger hat einst den Aufbau der Gebrauchtwagen-Plattform Heycar gemanagt. Inzwischen arbeitet er daran, ein neues Start-up am Markt zu etablieren: Panion. Das Unternehmen hat es sich zur Aufgabe gemacht, Betreibern von Fahrzeugflotten den Umstieg auf die Elektromobilität zu erleichtern. Hinter Panion steht mit ABB ein großer Konzern aus der Schweiz.

Vom Start weg arbeitet Panion beispielsweise mit Amazon Web Services zusammen, um eine cloudbasierte Anwendung für das Echtzeit-Management von Autoflotten und Ladeinfrastrukturen zu launchen. Im Interview mit Next Mobility schildert Markus Kröger seine Ziele und Vorhaben mit dem Start-up.

Redaktion: Herr Kröger, nach Ihrem Abschied von Heycar bauen Sie mit Panion nun erneut ein Unternehmen auf. Wie kam es dazu?

Markus Kröger: Die Idee entstand aus vielen Kundengesprächen, die unser Mutterkonzern ABB E-Mobility als weltgrößter Hersteller von Charging-Infrastruktur geführt hat. Viele Kunden haben einen Bedarf, mit Software bei der Elektrifizierung unterstützt zu werden. Vor allem im Fahrzeugmanagement. Natürlich gibt es da bereits einige Konkurrenten mit verschiedenen Blickwinkeln. Zunächst hatte ABB überlegt, einen anderen Anbieter zu übernehmen. Aber es gab nicht den richtigen am Markt. Und dann wollten sie es selbst machen. An dem Punkt kam ich ins Spiel. Elektromobilität ist für mich ein Herzensthema. Und ich wollte etwas Sinnvolles machen. Mit Panion habe ich das Gefühl, etwas bewegen zu können.

Beschreiben Sie bitte die Idee von Panion.

Unser Angebot richtet sich an Flottenkunden, die ihren Fuhrpark elektrifizieren wollen. Flotten sind ein sehr großer Zielbereich, der sich gut adressieren lässt und mit am schnellsten auf E-Fahrzeuge umstellen wird. Unser Ansatz ist ein Software as a Service-Geschäftsmodell. Wir wollen Flottenmanagern helfen, ihre Fahrzeuge besser zu managen. Das gelingt am besten mit KPI-Betrachtungen.

Ist das nur etwas für große Flottenbetreiber?

Die Flottengröße ist im Prinzip egal. Es geht um Interoperabilität. Unsere Lösung funktioniert mit allen Infrastruktur- und Fahrzeugherstellern funktionieren und muss skalierbar sein. Die meisten Flotten fangen mit der Elektrifizierung etwas kleiner an. Wir wollen uns vor allem auf Mixed-Flotten konzentrieren, also solche, in denen es Verbrenner- und E-Fahrzeuge gibt. Aus den vielen Kundengesprächen haben wir herausgehört, dass Flottenmanager im Zweifel ein System für alles haben wollen.

Womit wollen Sie Kunden konkret von sich überzeugen?

Wir generieren Daten und analysieren diese im Anschluss, um zu entscheiden, welche Fahrzeuge zuerst elektrifiziert werden können und welche Zusatzprodukte die richtigen sind. Denn es braucht ja nicht nur Autos, sondern auch eine entsprechende Infrastruktur. Unser EV-Transition-Tool soll als Ergänzung Aspekte vom traditionellen Flottenmanagement aufnehmen.

Wie rechnen Sie Ihre Dienstleistungen ab?

Wir arbeiten mit einem Software-Lizenz-Modell pro Fahrzeug. Heißt: Jedes Fahrzeug, dass ein Kunde mithilfe unserer Daten austauscht oder besser betreibt, berechnen wir. Wir wollen kundenorientiert arbeiten. Bei sehr großen Flotten gibt es bestimmt noch andere Methoden. Wir planen aber definitiv nicht, ein Beratungsunternehmen zu werden. Für Beratungsleistungen Geld zu verlangen, ist nicht unser Ansatz. Kunden bezahlen bei uns für Ergebnisse.

Wen sehen Sie als Wettbewerber?

Natürlich gibt es schon einige Anbieter für Flottenmanagement als auch Charging-Management. Aber die kommen meistens aus einer jeweils anderen Richtung. Die Charging-Spezialisten haben beispielsweise meistens einen Infrastruktur-Hintergrund und stellen diesen in den Vordergrund. Das machen wir nicht. Wir wollen Hardware-unabhängig agieren. Wir haben keinen Geheimauftrag, durch die Hintertür ABB-Charger zu verkaufen. Uns geht es vor allem um die Fahrzeuge. Wir wollen uns auf Operations konzentrieren, die wir mit unserer Software verbessern können. Das klassische Flottenmanagement verbinden wir mit Features, die durch die Elektrifizierung hinzukommen. Und da sehen wir keinen echten Wettbewerb.

Sie sagen, Sie sollen nicht über Umwege klassische ABB-Produkte verkaufen. Inwiefern profitieren Sie und Ihr Mutterkonzern dann voneinander?

Wir bekommen über ABB einen Zugang zu Infrastruktur, Fachwissen und Fachleuten. Und auch zu neuester Forschung. ABB ist im Fast-Charging-Bereich weltweit führend. Dadurch wissen wir über die neuesten Technologien Bescheid. Und wir erhalten Einblicke in Gremien, die für unsere Software interessant sind. Außerdem schaffen wir gemeinsam einen Algorithmus, der optimale Charge-Pläne für Kunden zusammenstellen kann. Welches Auto muss wo wie lange mit wie viel Ampere geladen werden? Diese Fragen beantwortet der Algorithmus, und der kommt maßgeblich von ABB. Das verbauen wir dann in unserer Lösung. Und die gibt es so bisher nicht. Und natürlich verschafft uns ABB auch Vorteile beim Marktzugang.

Und ABB selbst?

Wir müssen für ABB zwar nichts verkaufen, aber die Verkäufer von ABB bekommen mit uns ein Zusatzangebot, mit dem sie ihr Portfolio veredeln können. Und das international. Wir haben ab dem zweiten Monat Anfragen aus Südamerika, Norwegen, den Emiraten und vielen weiteren Märkten bekommen.

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Mit Amazon arbeiten Sie vom Start weg mit einem großen Namen zusammen. Wie kam es dazu?

ABB hat sehr gute Beziehungen. Amazon steht vor der größten Transformation in der Geschichte der eigenen Fahrzeugflotte. Wir haben mit insgesamt 200 Flottenmanagern über deren Bedürfnissen gesprochen. Und die haben uns eine ausgiebige Liste an Anforderungen zusammengestellt. Wir bauen nun agil an den Lösungen. Ein wichtiges Etappenziel ist es, das im Live-Betrieb zu testen. Und dann wollen wir das kommerzialisieren. Es geht uns vor allem darum, kundenzentriert von den Besten zu lernen. Und von denen die am weitesten sind. Und das ist Amazon. Von der ersten Minute mit so einem Unternehmen zusammenzuarbeiten zu können, ist natürlich toll.

Zuletzt war in Deutschland bereits rund jede fünfte Gewerbe-Neuzulassung ein elektrifiziertes Auto. Sind Sie mit Ihrem Angebot zu spät dran?

Es ist genau die richtige Zeit. Wir haben zwei verschiedene Kategorien: Dienstfahrzeuge, die durch steuerliche Förderung schon seit einer Weile enorm gefragt sind. Aber auch da können wir helfen. Bei Servicefahrzeugen fängt in Deutschland dagegen die Umstellung erst langsam an. Da war bisher auch die Auswahl an Fahrzeugen noch nicht sehr groß. Das wird jetzt besser. Den Flottenbetreibern geht es dabei vor allem Business Continuity. Die Prozesse dürfen möglichst nicht unterbrochen werden. Das ist das Wichtigste. Und in dem Zusammenhang waren viele bisher zögerlich. Niemand will das traditionelle Geschäft aufs Spiel setzen. Wir können nun eine Entscheidung für die Elektrifizierung durch die Analyse von Daten erleichtern.

Was macht E-Autos aus Ihrer Sicht für Flotten attraktiv? Mehr als nur die staatliche Förderung?

Unternehmen rüsten einerseits aus Kostengründen um. Die Betriebskosten können sinken, vor allem wenn die Fahrzeugpreise noch fallen. Vorteile hat die Elektromobilität aber gerade auch bei den Opportunitätskosten. Die CO2-Abgaben werden in den nächsten Jahren massiv steigen. Allein deswegen sollten sich Unternehmen sehr genau überlegen, wann sie umstellen. Daneben erwarten Kunden und Geschäftspartner immer mehr von Firmen, dass diese nachhaltig handeln. Man muss ja auch zunehmend dafür sorgen, dass die eigene Lieferkette klimaneutral arbeitet. Da geht es um Fragen wie: Was sollen Außenstehende mit der eigenen Marke verbinden? Nachhaltigkeit ist da immer mehr ein Kernfaktor.

Im Flottenmanagement lässt sich ein gewisser Trend hin zu Mobilitätsbudgets erkennen, also weg vom reinen Dienstwagenmodell hin zu viel breiteren Optionen. Befassen Sie sich auch damit?

Wir befassen uns vor allem als Arbeitgeber stark damit. Unsere Mitarbeiter sind sehr interessiert am nachhaltigen Transportwesen. Es braucht alternative Mobilitätskonzepte. Das wollen wir auch fördern und denken darüber nach, so etwas bei uns einzuführen. Als Dienstleistung ist das bei uns noch nicht geplant. Man darf am Anfang nicht direkt den Fokus verlieren.

Sie waren vor Ihrem Start bei Panion CEO der Gebrauchtwagenbörse Heycar. Wie viel können Sie aus der Zeit für Ihre neue Aufgabe mitnehmen?

Es hilft mir wahnsinnig viel. Bei Heycar hatte ich eine tolle Zeit. Ich habe damals in einem Umfeld gearbeitet, in dem man durch starke Partner Ressourcen bekommt, aber auch extrem hohe Erwartungen herrschen. Es gab Regeln und Strukturen, die ein unabhängiges Start-up nicht hat. Ich habe dadurch gelernt, Grenzen zu ziehen, wenn sich die Investoren zu stark einmischen wollten. Mitarbeiter, Märkte, Zielprodukte – das sollte man am besten selbst steuern. Das ist ganz wichtig. Durch den Konzern im Hintergrund kann man dann aber schneller erfolgreicher sein als Start-ups, die unabhängig finanziert sind. Natürlich helfen mir bei Panion auch meine guten Beziehungen in die Mobilitätsindustrie. Ich habe auch schon mit OEMs und Händlern gesprochen, für die unsere Lösung interessant sein könnte.

Herr Kröger, vielen Dank für das Interview.

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