Verkehrsministerkonferenz Wissing boxt 9-Euro-Ticket statt Nulltarif für ÖPNV durch

Quelle: dpa

Das am Donnerstag von der Ampelkoalition vorgestellte Paket zur Entlastung der Bürger in Zeiten hoher Energiepreise sorgt für Diskussionen. Bei einer Konferenz rang Bundesverkehrsminister Volker Wissing mit seinen Länder-Kollegen am Freitag um die Umsetzung.

Die geplanten günstigen ÖPNV-Tickets sollen nach den Worten von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) auch für Abonnements gelten. Die Kosten für Abos würden dann nicht abgebucht oder erstattet, machte Wissing am Freitag nach Beratungen der Verkehrsminister von Bund und Ländern deutlich. Es gebe keinen Grund, wegen des 9-Euro-Monatstickets ein Abo zu kündigen. Er halte das günstige Ticket für relativ schnell umsetzbar, wenn man Online-Tickets anbiete, sagte Wissing.

Die Ampel hatte beschlossen, für 90 Tage ein Ticket für 9 Euro pro Monat im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) einzuführen. Wissing sprach von Kosten in Höhe von 2,5 Milliarden Euro, die der Bund den Ländern erstatte. Wenn mehr Geld notwendig sei, werde sich der Bund nicht verweigern.

Länder wollten wohl Nulltarif

Der Befürchtung der Länder, dass der Vorstoß für Verkehrsverbünde und Unternehmen einen hohen administrativen Aufwand bedeuten könnte, widersprach Wissing. Dies könne über ein reines Online-Angebot verhindert werden. Zudem ließe sich auf diese Weise die Nachfrage von Kundinnen und Kunden deutlich besser nachvollziehen als etwa bei einem Nulltarif. „Bei dem 9-Euro-Ticket kennt man die Zahl der zusätzlichen Fahrgäste und kann entsprechend disponieren und vermeidet dadurch, dass es zu punktuellen Überlastungen kommt“, sagte er. Die Verkehrsminister der Länder hatten sich auf der Sitzung für einen Nulltarif ausgesprochen.

Länder und Bund hatten zuvor stundenlang um die konkrete Umsetzung des von der Ampel-Koalition angekündigten günstigen ÖPNV-Tickets gerungen. Eine Pressekonferenz zu Ergebnissen einer Sonderkonferenz der Verkehrsminister wurde am Freitag mehrfach verschoben. Aus vielen Ländern seien Hinweise auf Probleme und offene Fragen gekommen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen. Die Rede war von einer „teils chaotischen“ Konferenz.

Die Ampel-Koalition hatte außerdem angekündigt, für das günstige ÖPNV-Ticket die Regionalisierungsmittel so zu erhöhen, dass die Länder dies organisieren können. Die Länder fordern seit langem eine Anhebung der Regionalisierungsmittel – das sind Gelder, die der Bund den Bundesländern jährlich zur Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs zur Verfügung stellt, also etwa für Regionalbahnen oder S-Bahnen.

Auch nach der Konferenz am Freitag bleiben Fragezeichen, wie die geplanten Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Kritik am Bund übte beispielsweise Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU). Es wäre besser gewesen, vorher mit den Ländern zu sprechen, sagte er und sprach dabei auch im Namen der übrigen Länder, in denen nicht die SPD die Regierungskoalition anführt.

Bayerns Verkehrsminister spricht vom „Schnellschuss“

Kommunen und Verkehrsverbünde hätten keine Ahnung, wie sie den Beschluss umsetzen sollten. Zudem sehe er eine Benachteiligung des ländlichen Raums, da hier weniger Menschen aufgrund der großen Distanzen den Öffentlichen Personennahverkehr nutzten. Die Pendler im ländlichen Raum müssten aber auch mehr entlastet werden. Wünschenswert wären etwa Änderungen an der Kfz-Steuer, generell sei in der Frage „das letzte Wort noch nicht gesprochen“.

Das 9-Euro-Ticket sei ein „Schnellschuss“, ein „Lockangebot“, welches dem eigentlichen Problem nicht gerecht werde, sagte Bernreiter. Der ÖPNV müsse dauerhaft ausgebaut werden, Kostensteigerungen müssten dauerhaft kompensiert werden. So sehr man es sich wünsche, weder die Ukraine-Krise noch ihre Folgen seien in drei Monaten wieder vorbei.

Lindner: Gesamtpaket kostet rund 17 Milliarden Euro

Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte zuvor erklärt, dass das geplante Paket, das unter anderem auch eine Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe für drei Monate sowie eine einmalige Energiepauschale vorsieht, den Bund rund 17 Milliarden Euro kosten werde. Es werde Teil des geplanten Ergänzungshaushalts, den er am 27. April dem Kabinett vorlegen wolle, kündigte der FDP-Chef am Freitag in der Schlussdebatte der Haushaltswoche im Bundestag an. Mit diesem Update im laufenden Haushaltsverfahren sollten ausschließlich Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg finanziert werden.

Der oppositionellen Union warf Lindner vor, nicht solide zu argumentieren. „Wenn Sie mehr fordern seitens der CDU/CSU, dann habe ich dafür Verständnis“, sagte er. „Mehr fordern kann man immer. Aber wer fordert, muss zugleich sagen, wie er es finanziert.“ Die Union dagegen kritisiere auf der einen Seite die Verschuldung, fordere zugleich aber mehr Geld und Steuersenkungen.

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