Kfz-Radarsysteme: Die Gründe für den Wechsel von 24 GHz auf 77 GHz
Mit der Abschaffung der 24 GHz UWB-Technik haben die Regulierungsbehörden Frequenzen für Kfz-Radarsysteme im 77 GHz freigemacht. Doch weshalb ist die Sweep-Bandbreite so entscheidend, was bedeutet die Umstellung für die Auflösung und wie verändern sich die Systemabmessungen verändern?
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Wenn Sie kürzlich einmal mit einem Auto eines neueren Baujahrs gefahren sind, dürften Sie von Fahrassistenzsystemen wie etwa automatischer Notbremsung, Querverkehrswarnung oder Spurwechselassistent profitiert haben. Haben Sie sich aber je gefragt, woher ein Auto weiß, dass es zur Vermeidung eines Frontalzusammenstoßes bremsen muss oder welches System den Autofahrer daran hindert, in eine belegte Fahrspur zu wechseln? Wie kann ein Auto beim Ausfahren aus einer Parklücke wissen, dass sich Querverkehr mit hoher Geschwindigkeit nähert?
Ein Teil der Antwort auf alle diese Fragen ist Radar. Ein Radarsystem nutzt Funkwellen zur Bestimmung der Entfernung, des Winkels und der Relativgeschwindigkeit von Objekten. In den modernen Fahrsicherheits-Systemen kommt die Radartechnik zusammen mit Kameras, Ultraschall und anderen Sensoren zum Einsatz, um Informationen über das Umfeld eines Fahrzeugs einzuholen. Wenn man außerdem hochkarätige Verarbeitungstechnik in Spiel bringt, um all diese Sensordaten zusammenzuführen (zu „fusionieren“), kann dies eine verbesserte Objekterkennung und Entscheidungsfindung ermöglichen.
Das Fahrzeug kann dann beispielsweise entscheiden, ob ein Autofahrer unabsichtlich in die benachbarte Fahrspur gerät oder bewusst die Spur wechselt. Der Bedarf an solchen Informationen hat dazu geführt, dass immer mehr Autos mit einem oder mehreren Radarsystemen ausgestattet werden.
Die Nachfrage der Kunden nach Systemen wie Totwinkelerkennung, Spurwechselassistent, Querverkehrswarnung vorn und hinten, automatische Notbremsung und Abstandsregeltempomat hat die Produktion von Radarsensoren ansteigen lassen. Viele heutige Fahrzeuge enthalten bereits eines oder mehrere der in Bild 1 gezeigten Radarsysteme. Traditionell nutzten viele dieser Systeme Frequenzen im 24-GHz-Band. Im Automobilbereich sind derzeit sowohl Narrow-Band-Lösungen (NB) als auch Ultra-Wide-Band-Systeme (UWB) erhältlich. Die unregulierte 24 GHz NB-Technik deckt 200 MHz ab, von 24,05 GHz bis 24,25 GHz. Das 24 GHz UWB-Radar erstreckt sich dagegen über 5 GHz von 21,65 GHz bis 26,65 GHz.
Bedingt durch Spektrumvorschriften und Standards, die vom European Telecommunications Standards Institute (ETSI) und der Federal Communications Commission (FCC) entwickelt wurden, läuft die Nutzung des UWB-Bands sowohl in Europa als auch in den USA bis 2022 („Sunset Date“) aus. Mit der Abschaffung der 24 GHz UWB-Technik haben die Regulierungsbehörden Frequenzen für Kfz-Radarsysteme im 77 GHz freigemacht. Wie Bild 2 veranschaulicht, ermöglicht die von 77 GHz bis 81 GHz verfügbare Bandbreite eine Sweep-Bandbreite von bis zu 4 GHz – also deutlich mehr als die 200 MHz, die mit der 24 GHz NB-Technik möglich sind.
Weshalb ist die Sweep-Bandbreite so wichtig?
Heutige Radarsysteme beschränken sich nicht mehr darauf, einen energiereichen Ping auszusenden und die Zeit bis zum Eintreffen seiner Reflexion zu messen. Ein frequenzmoduliertes Dauerstrich-Radar (Frequency-Modulated Continuous Wave; FMCW) sendet stattdessen einen so genannten Chirp, dessen Frequenz die gesamte Bandbreite des Systems durchläuft. Der Frequenzunterschied zwischen dem gesendeten Chirp und dem reflektierten Signal (zu beliebiger Zeit) steht in linearem Zusammenhang mit der Entfernung zwischen Sender und Objekt.
Sowohl die Auflösung als auch die Genauigkeit dieser Entfernungsmessung sind wichtig. Die Auflösung bestimmt, wie weit Objekte voneinander entfernt sein müssen, um als zwei Objekte erkannt zu werden. Die Genauigkeit wiederum entscheidet darüber, wie exakt die Entfernungsmessung ist. Der Fehler der Distanzmessung und die minimal auflösbare Entfernung aber sind umgekehrt proportional zur Bandbreite des Chirps. Wegen der Breite der verfügbaren Frequenzen kann ein Wechsel von 24 GHz auf 77 GHz die Auflösungs- und Genauigkeits-Eigenschaften um den Faktor 20 verbessern. Die Entfernungsauflösung eines 77-GHz-Systems kann beispielsweise 4 cm betragen, verglichen mit 75 cm bei einem 24-GHz-Radar, sodass eine bessere Detektierung nahe beieinander befindlicher Objekte möglich ist.
Auflösung
Anhand der Phasendifferenzen zwischen dem gesendeten und dem empfangenen Signal lässt sich die Relativgeschwindigkeit eines Objekts messen. Mit abnehmender Wellenlänge werden Genauigkeit und Auflösung dieser Geschwindigkeitsmessung proportional größer. Durch den Umstieg von 24-GHz- auf 77-GHz-Sensoren lassen sich die Geschwindigkeitsmessungen deshalb um den Faktor 3 verbessern.
Systemabmessungen
Als ob dies für Systemdesigner nicht schon genügend Anlässe gewesen wären, auf das 77-GHz-Band zu wechseln, kommt mit der Abkehr von 24 GHz noch ein überzeugender Vorteil hinzu, nämlich die Lösungsabmessungen. Da 77-GHz-Signale nur ein Drittel der Wellenlänge von 24-GHz-Signalen haben, ist auch ein Antennen-Array für ein bestimmtes Sichtfeld nur ein Drittel so groß (in X- und Y-Richtung). Die Gesamtfläche, die für eine 77-GHz-Antenne benötigt wird, beträgt folglich nur ein Neuntel einer vergleichbaren 24-GHz-Antenne.
Dies wiederum lässt deutlich kleinere Module für die beengten Einbauverhältnisse in einem Auto zu. In bestimmten Fällen lassen sich die Radarmodule sogar fast so klein ausführen wie die Kameras, die man in den Sicherheitssystemen heutiger Autos findet. Bild 3 verdeutlicht die relativen Abmessungen der besagten Antennen.
Während die Nachfrage nach Radarsensoren für den Automobilbereich steigt, verändern sich auch die Sensoren selbst. Dies ist durchaus sinnvoll, da der Umstieg von 24 GHz auf 77 GHz mehr Genauigkeit und eine höhere Auflösung in einem kleineren Gehäuse ermöglicht. All dies macht deutlich, weshalb man bei Kfz-Radarsystemen von 24 GHz auf 77 GHz umsteigt.
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* Brian Shaffer ist Systems Engineer im Bereich Automotive ADAS Systems bei Texas Instruments
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