Mobilitäts-Investments Der Roller-Hype scheint durch
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Mikromobilität galt lange als Geheimtipp unter den Anlageoptionen. Eine aktuelle Studie zeichnet ein anderes Bild: Es könnte sich bald ausgerollert haben.

Jüngst haben Taucher an den Kölner Rheinufern hunderte von E-Scootern unter Wasser geortet – möglicherweise sinnbildlich für die Entwicklung des Branchensegments. Denn die Unternehmensberater von Oliver Wyman haben in einer aktuellen Analyse festgestellt, dass die Finanzierungen für Mikromobilitätsanbieter – also beispielsweise Fahrrad-, Elektroroller- oder Elektrokleinstfahrzeugverleiher – in den letzten Jahren kontinuierlich und deutlich rückläufig waren.
Nach dem ersten Hype um Dienstleister wie VOI (Schweden) oder Hello Transtech (China) in 2017 mit einem Investitionsvolumen von 29,1 Milliarden US-Dollar gingen demnach die investierten Gelder in entsprechende Start-ups auf zuletzt 8,3 Milliarden Dollar in 2020 zurück. „Nach Jahren der Euphorie kommt es jetzt darauf an, nachhaltig profitabel zu werden, was bis jetzt nur wenige unter Beweis stellen können”, kommentiert Berater Andreas Nienhaus die Zahlen in der Wyman-Pressemitteilung.
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Parkstationen für E-Scooter
„Unsere Vision: Alle 100 Meter weicht ein Auto- einem Mikromobilitätsparkplatz“
Im Gegensatz dazu sei der Trend, ganz allgemein in ausgesprochen nachhaltige Mobilität zu investieren, ungebrochen. Das meiste Kapital konnten „Green Vehicle”-Start-ups rund um die E-Mobilität einnehmen – weltweit 34 Milliarden US-Dollar in den letzten fünf Jahren, davon allein über 11 Milliarden in 2020 und damit etwa 25 Prozent mehr als im Vorjahr. Den Löwenanteil daran hatten Fundings US-amerikanischer und chinesischer Start-ups für Elektroautos.
Online-Handel im Fokus
Auch die Entwicklungen in Richtung Online-Vertrieb hätten sich im Zuge der Pandemie weiter verstärkt, wie die enormen Mittelzuflüsse von 2,6 Milliarden US-Dollar belegen sollen. Besonders Online-Händler im Gebrauchtwagenmarkt, die 80 Prozent dieser Fundings erzielten, zählten zu den klaren Gewinnern der Krise. Ein Beispiel für die hohe Dynamik im Markt sei die jüngste Übernahme des Auto-Abo-Start-ups Cluno durch den britischen Online-Gebrauchtwagenhändler Cazoo.
Drei globale Hot-Spots
Insgesamt sind laut Wyman weltweit in den letzten fünf Jahren im Durchschnitt jährlich rund 37 Milliarden US-Dollar an Investmentkapital an Start-ups im Mobilitätssektor geflossen. Dabei hätten sich drei geographische Schwerpunkte herausgebildet: Nordamerika mit den USA (15,6 Milliarden Dollar in 2020), Asien mit China (8 Milliarden Dollar) sowie weit abgeschlagen Indien, Japan, Korea und Thailand mit jeweils höchstens 0,5 Milliarden Dollar. Eine Ausnahme bilde Singapur mit frischem Wachstumskapital von immerhin 1,3 Milliarden.
Europa kommt demnach auf ein Gesamtmittelaufkommen von immerhin 5 Milliarden Dollar: davon entfallen 1,9 Milliarden auf deutsche Mobility Start-ups, gefolgt von Großbritannien mit 1,4 Milliarden sowie Estland, Ungarn, Schweden und Spanien mit jeweils deutlich unter 0,5 Milliarden Dollar.
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Mikromobilität
Ministromer von Enuu fahren erst seit Kurzem durch Berlin – schon gibt es Zoff
Im vergangenen Jahr gab es in Europa doppelt so viele Mega-Finanzierungs-Runden wie im Vorjahr: Acht Start-ups sammelten in zwölf Runden umgerechnet 2,4 Milliarden Dollar ein. Die Berater sehen Europa daher bei E-Mobilitätsthemen, Mobilitätsdienstleistungen und auch im Online-Autohandel perspektivisch in die Spitzengruppe aufschließend. Bemerkenswert sei, dass mit Auto 1, Lilium und Tier drei deutsche Start-ups bei den „Megarounds“ vertreten sind.
Europa holt auf
„Europa ist als Start-up-Standort heute wesentlich wettbewerbsfähiger als noch vor einigen Jahren”, heißt es bei Wyman. Dafür seien vor allem zwei Gründe ausschlaggebend: Zum einen geht es um die Verfügbarkeit von Fachkräften – denn in den Schwerpunktregionen der USA sind die Gehälter von IT-Spezialisten in den letzten Jahren rasant gestiegen, gleichzeitig ist in Europa der Talentpool an Spezialisten gewachsen.
Zum anderen spiele der Zugang zu Wachstumskapital eine wichtige Rolle. In Europa werde heute deutlich mehr in Start-ups investiert als noch vor einigen Jahren.
Der „Mobility Start-up Radar“ von Oliver Wyman analysiert jährlich 5.000 Start-ups weltweit in den Branchensektoren Mobilitätsdienste, „Green Vehicles“, autonomes und vernetztes Fahren sowie Vertrieb und Aftersales.
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