Sicherheit im Connected Car – Was die neuen Automobilsensoren leisten

Autor / Redakteur: Thomas Foj und Gregor Knappik * / Margit Kuther

Über 20 Prozent der Unfälle auf deutschen Straßen geht auf das Konto übermüdeter Fahrer und folglich spielt der Aspekt Sicherheit eine große Rolle bei der Entwicklung neuer Sensoren für das Automobil.Doch zu was ist die neueste Sensorgeneration wirklich zu leisten im Stande?

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Vernetzung im Fahrzeug: Intelligente Sensoren sorgen nicht nur für mehr Leistung im Fahrzeug sondern machen das Fahren auch immer sicherer.
Vernetzung im Fahrzeug: Intelligente Sensoren sorgen nicht nur für mehr Leistung im Fahrzeug sondern machen das Fahren auch immer sicherer.
(Bild: Avnet Silica)

In den vernetzten Fahrzeugen steigen Tiefe und Vielfalt der erfassten Daten weiter an. Bis 2025 soll sich die Anzahl der Sensoren im Fahrzeug verdoppeln. Schon heute sind in einem Durchschnittsauto rund 100 Komponenten mit Sensoren verbauten. Die Hersteller von Sensoren – einschließlich Automobilzulieferer und spezialisierte Unternehmen in der Automobilelektronik – entwickeln leistungsfähigere, stärker integrierte Sensoren mit geringerem Stromverbrauch, die zudem mehr Sicherheit bieten.

Damit auf der Straße weniger Unfälle geschehen, übernehmen Fahrzeuge vermehrt nicht nur die Steuerung ihrer eigenen sicherheitskritischen Systeme, sondern helfen Fahrern auch dabei, etwa Ermüdung gegenzusteuern, ihre Konzentration zu fördern und Stress abzubauen. Denn Ermüdung des Fahrers ist die Ursache für über 20% der Unfälle. Viele sind gravierend oder tödlich, denn die Ermüdung tritt oft in Form von Sekundenschlaf auf.

Systeme zur Fahrerüberwachung messen als Ermüdungszeichen zumeist das Lenkverhalten. Schon heute erfassen Drive-by-Wire-Systeme Daten zu Winkelstellung und Drehrate, welche von Hochauflösungs-Sensoren von Herstellern wie Allegro Microsystems, Elmos, Infineon und NXP stammen. Dank einer Hochgeschwindigkeits-Schnittstelle kann ein Host-Mikrocontroller die Sensordaten erfassen und verarbeiten, wobei einige Sensoren über eine eingebaute Verarbeitung verfügen und so die Belastung des Hosts verringern.

Frühe Anzeichen einer Fahrerermüdung sind unter anderem lange Zeiträume fast ohne jegliche Lenkaktivität, die von kleinen, aber abrupten Korrekturen unterbrochen werden. Ein Algorithmus zum Gefahrenbewusstsein beim Fahrer könnte die Sensordaten über das Lenkverhalten mit anderen Informationen kombinieren, wie der Blinkernutzung, Fahrtlänge und Tageszeit.

So ließe sich ein Ermüdungsmaß berechnen und der Fahrer würde immer dann gewarnt werden, wenn ein voreingestellter Schwellenwert überschritten wird. Einige Fahrer kennen vielleicht schon das Kaffeetassen-Symbol am Armaturenbrett als geläufige Mahnung, eine Pause einzulegen. Die Ermüdung des Fahrers können zudem 3D-Bildtechniken erfassen, die Position und Bewegung von Kopf und Augen überwachen.

Diese Technologie ermöglicht weitere wertschöpfende Funktionen. Denn sie kombiniert Kameras und Detektoren wie Time-of-Flight-Näherungssensoren (etwa von ON Semiconductor und STMicroelectronics), die den Abstand zu Gegenständen genauer als herkömmliche kontrastbasierende Näherungssensoren messen.

Zusammen mit geographischen Daten und künstlicher Intelligenz kann das Fahrzeug einen gerade vom Fahrer gesichteten Gegenstand (etwa einen architektonischen Ort) identifizieren und den Fahrer zum Beispiel auf seine Frage hin „Was für ein Gebäude ist das?” automatisch informieren. 3D-Bildsensoren und Time-of-Flight-Näherungssensoren sind ebenfalls wichtig für das höhere Ausmaß autonomen Fahrens (Level 4 und 5 laut SAE-Definition).

Wie man übermäßigen Stress beim Fahren verhindert

Am gegenüberliegenden Ende der Skala des Fahrerverhaltens sind Stressfaktoren wie Zeitdruck mitunter die Ursache für überhöhte Geschwindigkeiten und unbeständiges Fahren. Techniken mit Infraroterkennung, die Anzeichen von übermäßigem Stress feststellen, lassen sich mit anderen Fahrzeugsystemen verknüpfen, um diese Wirkungen zu bekämpfen.

Mit der Einführung genau anpassbarer LED-basierter Innenbeleuchtung kann das Fahrzeug die Lichtstärke und den Spektralfarbe autonom auf eine beruhigende blaue Wellenlänge justieren und so sichereres Autofahren fördern. Weitere Innovationen für mehr Komfort und bessere Konzentration sind etwa Wellness-Sitze.

Zentrales Element dieser Innovation sind Sensoren. Sie können mittels fortschrittlicher Techniken wichtige Werte des Fahrers wie Herzfrequenz oder Atmung nicht-invasiv überwachen. Drucksensoren finden sich schon heute als Lendenwirbelunterstützung und an weiteren Orten im Fahrzeug verteilt, man denke an die Airbag-Steuerung und die Steuerung der LPG-Autogasanlage.

3D-Gestenerkennung ermöglicht Touchless HMI

Sicherheit ist weiter optimierbar, indem der Fahrer mit Geräten im Innenraum, wie Infotainment oder Beleuchtung, natürlich interagieren kann. Die eingeführten Touchscreens in der Mittelkonsole ermöglichen neue und intuitivere Verbesserungen, etwa um das Radio einzustellen, Musik auszuwählen oder die Klimaanlage zu regulieren.

Dank 2D- und 3D-Gestenerkennung mit Controllern, etwa von Elmos, Microchip oder STMicroelectronics, kann sich der Fahrer besser auf die Straße konzentrieren. Denn er muss nicht versuchen, einen bestimmten Bereich auf dem Bildschirm zu berühren. In ein derartiges Gestensteuerungssystem lassen sich auch zusätzliche Steuerungen wie die Fensteröffnung oder Dachstellung integrieren.

Durch Technologien zur 2D-Erkennung können Systemhersteller in das Lenkrad kleine Berührungssensoren einbetten, die Gesten erkennen. Etwa ein Ein-Finger-Tippen bzw. -Wischen oder das komplexere Zusammenführen und Rotieren mit zwei Fingern. Hierdurch kann der Fahrer verschiedenste Einstellungen anpassen, während die Hände am Lenkrad bleiben.

Die 3D-Erkennung geht noch weiter: Mit ihr kann der Fahrer mit größeren Gesten in der Luft eine Auswahl treffen, ohne die Augen von der Straße zu nehmen. Technische Herausforderungen dieser Systeme bestehen darin, zwischen regulären Handbewegungen und bewussten Gestenbefehlen zu unterscheiden. Einige Anbieter haben dieses Problem mittels Hidden-Markov-Modelle in Software gemeistert.

Mit Standards wie ISO 11452-08 Schritt halten

Während Systeme zur Fahrerüberwachung und verbesserte Mensch-Maschine-Schnittstellen mehr Sicherheit beim Autofahren fördern können, präzisieren und minimieren aktuelle, aber optimierte Sensoren automatisierte Merkmale. Dazu zählen die Scheibenwischersteuerung und X-by-Wire-Systeme, wie die Brems- und Gaspedalkontrolle.

Um etwa die Scheibenwischersteuerung zu verbessern, haben fortschrittliche Messalgorithmen erfolgreich die Immunität gegenüber flackernden Lichtquellen und anderen Interferenzen sowie auch gegenüber Effekten, wie dem Altern oder der Oberflächenkontamination, erhöht. Verbesserte Überwachungstechniken haben die Erkennung von Flüssigkeiten optimiert und die Sensor-Formfaktoren verkleinert.

Nicht nur die 3D-Magnetabtastung lässt Formfaktoren überall im Fahrzeug schrumpfen. Das trifft zum Beispiel bei der Positionserkennung für Pedale, Schaltknüppel und bewegliche Teile im Getriebe zu. Wenn berührungslose 3D-Magnetsensoren traditionelle Positionsbestimmungs-Mechanismen mittels Potentiometer oder optischer Systeme ersetzen, eliminieren sie mögliche Fehler durch Verschleiß oder Verunreinigung, gewährleisten stabile Messungen bis zu hohen Temperaturen und sparen zudem Platz.

Weiterhin steigt die Nachfrage nach MEMS-Sensoren (Micro Electro-Mechanical Systems) in der Automobilindustrie, einschließlich Beschleunigungssensoren, Gyroskope und Drucksensoren, beispielsweise von Elmos, Infineon, NXP Semiconductor und STMicroelectronics.

Rund ein Drittel der etwa 100 Sensorknoten in den heutigen Fahrzeugen basieren auf der MEMS-Technologie. Der über ResearchAndMarkets.com veröffentlichte „Global Automotive MEMS Sensor Market Analysis & Forecast“ prognostiziert bis 2022 ein andauerndes Wachstum von zirka 13%. Die Geräte sind unerlässlich für Systeme wie TPMS, Radgeschwindigkeitserkennung oder elektronische Parkbremssysteme, Stabilitätskontrolle, Kollisionserkennung und -protokollierung.

Dies sind nur einige der zahlreichen Möglichkeiten, die Sensorhersteller und Automobil-Direktzulieferer haben, um fortschrittliche, hochwertige Lösungen zu erstellen, die die Sicherheit und Zuverlässigkeit sowie das vom Fahrzeug bereitgestellte Eigentümer-/Fahrererlebnis insgesamt verbessern zu können. Entscheidend ist es, mit den neuesten Entwicklungen in puncto Standards Schritt zu halten.

Eine erhöhte Elektrifizierung moderner Autos lenkt die Aufmerksamkeit auf Standards wie ISO 11452-08 zur Immunität von Systemen gegenüber Magnetfeldern inner- oder außerhalb des Fahrzeugs. Es entstehen darüber hinaus bedeutende neue Konnektivitätsspezifikationen wie die Sensorschnittstelle PSI5. PSI5 ermöglicht leistungsstärkere Sensorverbindungen durch Geschwindigkeiten von bis zu 125 kbit/s – schneller als LIN – und spart gleichzeitig Kosten und Gewicht gegenüber einem CAN Interface; dank seines wirtschaftlichen 2-Wire-Protokolls. Bedeutende Komponentenanbieter liefern nunmehr magnetische Positionssensoren mit PSI5-Schnittstelle nach ISO 11452-08 und natürlich in Übereinstimmung mit dem Sicherheitsstandard der Automobilindustrie ISO 26262.

Intelligente Sensoren perfektionieren die Fahrzeugsicherheit

Ein Blick weiter in die Zukunft offenbart neue spannende Chancen, bei denen intelligente Sensoren die Fahrzeugsicherheit und -zuverlässigkeit perfektionieren. Es kommen dank drahtloser Konnektivität zusätzliche Sensoren in das Fahrzeug, ganz ohne Mehrgewicht und Mehrkosten für Kupferdraht und Anschlüsse.

Nur ein Beispiel: Das Fraunhofer Institut arbeitet gerade an zahlreichen Forschungsprojekten im Automobilbereich, einschließlich eingebetteter Oberflächensensoren zur Überwachung des Reifenzustands oder des Fahrzeugbeschlags, die Anomalien feststellen – lange bevor eine Störung auftreten kann.

Fraunhofers eingebettete Beschlagoberflächenerkennung agiert zusätzlich zu etablierten kabellosen Reifendrucküberwachungssystemen, die quasi als Einzelpaket bestehend aus aus LF-Empfänger, RF-Transmitter und Mikrocontroller integriert auftreten. Auf diese Weise lässt sich die Remote-Überwachung noch effektiver gestalten, indem sie potenziell gefährliche Schäden an Reifenflanke oder -profil erkennt, noch ehe der Reifen versagt oder Luft verliert.

Avnet Silica kooperiert mit führenden Sensorherstellern, um mittels modernster Sensortechnologien neueste Kundenlösungen mit zu entwickeln. Diese umfassen nicht nur optische und magnetische Sensoren sowie Kapazitätssensoren, sondern auch Ultraschallsensoren, die oft in Parkassistent- und Selbstparksystemen verwendet werden, MEMS-Sensoren für Bewegungs- und Positionserkennung überall im Fahrzeug neben herkömmlichen Hall-Sensoren sowie Drucksensoren.

Um den gesamten Lebenszyklus – vom Engineering bis zur Lieferkette – abzudecken, sind unbedingt die am besten geeigneten Teile auszuwählen und in das Design zu integrieren. Zu berücksichtigen sind dabei langfristige Verfügbarkeit und Zugriff auf den Hersteller-Support. Der Distributor zeigt bei Sensoren in der Autobranche neue und innovative Konzepte. Im November wird man auf der Messe electronica in München mehrere Einsatzfälle aus der Praxis präsentieren: Halle B4, Stand 514, sowie auf dem Hauptstand in Halle C5, Stand 101.

Fazit

Aufeinanderfolgende Fahrzeuggenerationen haben durch ein Plus an Intelligenz und Komfort zu günstigen Preisen die Sicherheit für Insassen und andere Straßenbenutzer merklich erhöht. Aktuelle Schlüsselanforderungen konzentrieren sich auf fahrergestützte Merkmale für eine verbesserte Sicherheit sowie mehr Komfort. Durch fortschrittliche Erkennungstechniken sowie Verbesserungen an traditionellen Sensoren und Erkennungsmechanismen kommen eine bessere Leistung, größere Genauigkeit und Zuverlässigkeit sowie wertvolle Raumersparnisse in Reichweite.

* Thomas Foj und Gregor Knappik sind für Avnet Silica tätig.

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