Anton van Zanten Vater des ESP wird für sein Lebenswerk geehrt
Mit der Erfindung des intelligenten Bremssystems ESP hat Anton van Zanten die Verkehrssicherheit revolutioniert. Dafür wurde er nun mit dem Europäischen Erfinderpreis 2016 in der Kategorie „Lebenswerk" ausgezeichnet.
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Für die Erfindung des Elektronischen Stabilitätsprogramms (ESP) ist Anton van Zanten am Donnerstag, 9.6.2016, in Lissabon vom Europäischen Patentamt (EPA) mit dem Europäischen Erfinderpreis 2016 in der Kategorie Lebenswerk ausgezeichnet worden.
Keine Frage: Anton van Zanten (75), langjähriger Ingenieur bei der Firma Robert Bosch, hat das Autofahren wesentlich sicherer gemacht. Seine Erfindung: das On-Board-ESC-Computersystem – besser bekannt als ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm). Ohne diese elektronische Stabilitätskontrolle verlässt in den EU-Mitgliedstaaten und den USA mittlerweile kein Neuwagen mehr die Produktion. Gut zwanzig Jahre hat es gedauert, bis das System patentiert und auf dem Markt realisiert werden konnte.
Das ESP ist eine Erweiterung des Antiblockiersystems (ABS). Das ABS verhindert, dass die Räder beim Bremsen komplett blockieren. Dadurch bleibt das Fahrzeug lenkbar. Wenn es ins Schleudern gerät und aus der Kurve getragen wird, hilft ABS jedoch nicht weiter. Hier schaltet sich das ESP ein. Es stabilisiert das Fahrzeug durch einen automatischen Eingriff in das Bremssystem und den Motor, sobald es einen signifikanten Unterschied zwischen der beabsichtigten Fahrtrichtung und der tatsächlichen Bewegungsrichtung des Fahrzeugs ermittelt.
Mit Hilfe von Rad- und Motordrehzahl- sowie Beschleunigungssensoren bestimmt das ESP-Steuergerät die nötigen Eingriffe. Es bremst beispielsweise einzelne Räder gezielt ab, um die gewünschte Fahrtrichtung des Autos beizubehalten. Dieser Vorgang geschieht in wenigen Hundertstelsekunden, nachdem eine Diskrepanz erkannt wurde - viel schneller als ein Fahrer in einer Schrecksituation reagieren könnte.
Der A-Klasse-Elchtest: Ein Glücksfall für die Verkehrssicherheit
ESP verdankt ihren rasanten Erfolg zumindest teilweise einem größeren Marketingdebakel im Jahr 1997. Fahrzeuge der A-Klasse von Mercedes-Benz kippten im "Elchtest" des schwedischen Magazins Teknikens Värld bei 78 km/h um. Mit dem Begriff Elchtest wird ein Kollisionstest des Fahrzeugs mit einem (simulierten) Elch bezeichnet. Die Medien hielten mit Spott nicht zurück, doch Mercedes-Benz reagierte schnell und setzte neue Sicherheitsmaßstäbe.
Da die elektronische Stabilitätskontrolle bereits 1995 in Serie gegangen war, startete Mercedes-Benz einen Rückruf und stattete 130.000 Fahrzeuge der A-Klasse mit dem Antischleudersystem aus - und bestand den Test. Das große Medieninteresse gab dem Markt den nötigen Anstoß, und ESC entwickelte sich zu einem globalen Branchenstandard.
ESP 1987: Ein Computer so groß wie der KFZ-Innenraum
Anton van Zanten, studierter Maschinenbau-Ingenieur, beschäftigte sich bereits während seiner Doktorarbeit 1973 mit den Ideen, die zur Entwicklung des ESP führten. Nach seinem Eintritt bei Robert Bosch im Jahr 1977 arbeitete er in einem Forschungsteam am Antiblockiersystem (ABS), bevor er die Entwicklung des ESP vorantrieb. Als das ESP-System im Jahr 1987 erfolgreich getestet wurde, belegte der Computer fast den gesamten Innenraum des Fahrzeugs. Es dauerte bis Mitte der 90er Jahre, bis die Mikroprozessortechnologie eine Miniaturisierung der Bauteile ermöglichte.
Video: Anton van Zanten über ESP
„Erfinder wird man erst, wenn man unzufrieden ist. Wenn man zufrieden ist mit allem, dann hat man keinen Drang danach, etwas Neues zu machen", sagt van Zanten. Und von diesem Drang wird er definitiv angetrieben: Mit über 180 erteilten Patenten auf seinen Namen, 36 davon in Verbindung mit Autosicherheit, hat der Ingenieur über 40 Jahre hinweg erfolgreich Fahrassistenzsysteme weiterentwickelt - mit enormen Auswirkungen auf den Markt.
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