Mikromobilität Tier investiert mit nächster Übernahme in Fahrerassistenzsysteme für E-Scooter

Tier Mobility bleibt in Kauflaune. Nun haben die Berliner die Übernahme des Kamera-Spezialisten Fantasmo Studios eingetütet. Was der Mikromobilitätsanbieter mit der Technologie vorhat.

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Tier Mobility übernimmt Fantasmo Studios.
Tier Mobility übernimmt Fantasmo Studios.
(Bild: Tier Mobility)

Tier Mobility hat seine fünfte Übernahme binnen kurzer Zeit. Neuestes Mitglied der Firmengruppe ist Fantasmo Studios. Die US-Firma ist bekannt für ihr Kamerapositionierungssystem (CPS). Jene Technologie soll zehnmal genauer sein als GPS und so mit einer Abweichung von maximal 20 Zentimetern den Standort eines E-Scooters bestimmen können. Künftig arbeiten alle 15 Beschäftigten des Unternehmens für den Berliner Mikromobilitäts-Anbieter.

Und so funktioniert das System: E-Scooter-Fahrer scannen mit der Kamera ihres Smartphones die Umgebung, in der sie den Roller geparkt haben. Sie nehmen dabei Informationen wie Gebäudemuster oder Beschilderungen auf, um die Position des Fahrzeugs zu bestimmen. Diese Metadaten werden dann mit den 3D-Karten von Fantasmo abgeglichen, um genau zu bestimmen, wo sich das Fahrzeug befindet.

Tier will das CPS nach eigenen Angaben nutzen, um besonders gefährdete Verkehrsteilnehmer besser zu schützen. Falsch abgestellte E-Scooter sorgen immer wieder für Kritik, in manchen Städten wie etwa Köln wurde unter anderem deshalb bereits über ein Verbot der elektrischen Tretroller diskutiert. Mithilfe von Fantasmo wollen die Berliner dafür sorgen, dass ihre Roller möglichst ordnungsgemäß abgestellt werden.

Perspektivisches Ziel sind Fahrerassistenzsysteme

Doch nicht nur das. Die neue Firmentochter soll Tier auch dabei helfen, Fahrerassistenzsysteme zu entwickeln, das auf Computer Vision basiert und regulierend eingreifen kann. Beispielsweise soll die Technologie verhindern, dass Kunden auf Gehwegen fahren oder die Scooter zu zweit benutzen. Wann die Assistenzsysteme marktreif seien sollen, ist unklar, das Start-up spricht lediglich von der „nahen Zukunft“.

Tier und Fantasmo arbeiten bereits seit rund einem Jahr zusammen, nun folgt die Übernahme. Zu den finanziellen Details machten beiden Seiten keine Angaben. Die CPS-Technologie haben die Berliner bereits in Paris eingesetzt, später folgte ein Rollout auch in London, York, Düsseldorf und Leipzig. Tier-CTO Matthias Laug kündigte nun an, dass die Positionierungstechnologie perspektivisch auch in zahlreichen anderen Städten in Europa und im Nahen Osten zum Einsatz kommen soll.

Fantasmo hat nach eigenen Angaben bislang 3D-Karten von 20 bis 25 Städten in Europa und Nordamerika erstellt. Diese Zahl dürfte nun schnell steigen. Davon dürfte aber nicht allein Tier profitieren. Denn zu den Bestandskunden der US-Firma zählen auch andere Mikromobilitäts-Anbieter wie Helbiz. Ersten Aussagen von Tier zufolge soll Fantasmo seine Technologie auch weiterhin anderen Unternehmen anbieten dürfen.

Fünfte Übernahme binnen weniger Monate

Auch Tier selbst ist bei der Kameratechnologie breit aufgestellt und setzt nicht allein auf Fantasmo. In Dublin kooperieren die Berliner beispielsweise mit Luna. Dabei werden Kameras um die E-Scooter geschnallt. Ähnliche Projekte laufen auch zwischen Spin und Drover AI. Da Tier Spin erst kürzlich aufkaufte, hat das Unternehmen nun auch Zugriff auf jene Technologie. Alle bestehenden Partnerschaften sollen trotz der Fantasmo-Übernahme fortgesetzt werden.

Der nun verkündete Deal mit Fantasmo ist Tiers vierte Übernahme innerhalb weniger Monate. Vor dem erwähnten Kauf von Spin hatte Tier bereits den Leipziger Bike-Sharing-Anbieter Nextbike, die italienische Tochtergesellschaft von Wind Mobility und die ungarische Tech-Agentur Makery aufgekauft. Für das Berliner Unternehmen, das bislang über 660 Millionen Dollar Kapital angehäuft hat und mit rund zwei Milliarden Dollar bewertet wird, arbeiten über 1.200 Menschen. Mittlerweile ist Tier mit Mikromobilitätsangeboten in über 185 Städten in 20 Ländern aktiv.

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