Energie Strom von Bäumen, Laternen und Robotern: Wie Start-ups das Laden vereinfachen

Von Svenja Gelowicz

In Würzburg steht seit kurzem ein Scooter-Ladeterminal, das nur mit Sonnenstrom auskommt. Ein Angebot für Mikromobilitätsfirmen – und auch für E-Autos gibt es neue Konzepte, die anders funktionieren als die klassische Ladesäule.

Anbieter zum Thema

Laternen-Laden, Stromtanken mit Solar-Pilz für Mikromobile und unterirdische Ladepunkte: Wie Unternehmen E-Fahrzeuge mit Strom versorgen wollen
Laternen-Laden, Stromtanken mit Solar-Pilz für Mikromobile und unterirdische Ladepunkte: Wie Unternehmen E-Fahrzeuge mit Strom versorgen wollen
(Bild: Ubitricity, Svenja Gelowicz/Next Mobility, Trojan Energy)

Christoph Sasse kommt etwas später als verabredet. Aber wenn fast die Hälfte des kleinen Start-up-Teams wegen Corona ausfällt, muss der Gründer selbst ran. Sasse ist Chef des Würzburger Energie-Start-ups Alphaomegagreen und hilft aus der Not heraus gerade mit, Solarpaneele bei Kunden auf die Dächer zu schrauben.

Sonnenstrom spielt auch die Hauptrolle bei einer Holz-Beton-Konstruktion, die Sasse an einem windigen Dienstag vor dem lokalen Gründerlabor präsentiert. Littree heißt das zumindest vage an einen Baum erinnernde Gebilde. Ein Betonsockel, verkleidet mit Holz, innen in einer Art Schubfach der Energiespeicher. Senkrechte Holzleisten bilden den Stamm, Balken halten das mit Solarpanels bestückte Dach. Mindestens 2.400 Kilowattstunden pro Jahr liefere der Strom-Baum, erklärt Sasse, und das ohne Tiefbauarbeiten. Autarke Lademöglichkeiten seien in Städten wegen des E-Sharing-Booms stark nachgefragt. Dank der Batterie sei auch schlechtes Wetter kein Problem.

Solarbetriebener Lade-Baum in Würzburg: Bislang noch zur Demonstration, doch bald sollen vier Exemplare mit je 16 Ladepunkten in der Stadt verteilt stehen.
Solarbetriebener Lade-Baum in Würzburg: Bislang noch zur Demonstration, doch bald sollen vier Exemplare mit je 16 Ladepunkten in der Stadt verteilt stehen.
(Bild: Svenja Gelowicz/Next Mobility)

Littree: Gemeinsame Sache mit Zeus Scooter

Die Idee kam dem Start-up gemeinsam mit einem lokalen Lieferdienst und dem E-Scooter-Anbieter Zeus, der etwa 100 Fahrzeuge in Würzburg betreibt. Zeus-Scooter sind mit Wechselakkus ausgestattet. Doch die einzusammeln, zur lokalen Niederlassung zu bringen, um sie dann dort an die Steckdose anzuschließen, sei aufwändig.

Der solarbetriebene Baum verfüge über 16 Ladepunkte und soll sogar eine eigene Vorrichtungen für Scooter bekommen, wo sie verriegelt geparkt und geladen werden können. „Der Littree ist die weltweit erste solarbetriebene Ladestation für Micro-Mobility-Sharing-Dienste“, sagt Ronan Garvey, Produkt-Chef bei Zeus Scooter. Die Betriebsbewegungen würden reduziert, die Scooter nachhaltiger.

Dezentral, einfach aufzustellen, CO2-neutral und mit 15.000 bis 20.000 Euro pro Exemplar für Städte, Kommunen, Stadtwerke oder Unternehmen verhältnismäßig erschwinglich: Das seien einige der Vorteile, sagt Sasse. Er möchte für die Herstellung lokale Handwerker miteinbeziehen. Im fränkischen Würzburg sollen vier weitere Einheiten folgen. „Auch andere Städte haben bereits Interesse gezeigt.“

Laden mit Laternen, Lanzen und Robotern

Statt den klassischen Ladesäulen und Wallboxen, die an Parkplätzen, in Garagen oder speziellen Ladehubs aufgebaut werden, erproben Anbieter auch für Elektroautos neue und flexiblere Lademöglichkeiten. Gerade E-Auto-Fahrer in Städten haben oft keinen privaten Stellplatz samt Lademöglichkeit.

Eine Idee: Laden an Straßenlaternen. Daran arbeitet beispielsweise das mittlerweile zu Shell gehörende Unternehmen Ubitricity. Das eigens für Deutschland entwickelte Produkt „Heinz“ bietet die Shell-Tochter Städten und Kommunen bereits an, in Großbritannien sind bereits Tausende Laternen zu Stromtankstellen umgerüstet worden.

Die Hardware Heinz wird am Laternenmast befestigt, eine Art Anbauschrank. Ubitricity preist an, dass keine Tiefbauarbeiten notwendig sind und bereits vorhandene Infrastruktur genutzt werden kann.

Ein anderes Unternehmen setzt derweil auf das Gegenteil. Statt hoch hinaus will das 2016 gegründete Start-up Trojan Energy mit seiner Hardware unter den Asphalt, um Geh- und Radwege frei zu halten. Ein Stromanschluss soll in einer Straße 15 solcher bodengleich versenkten Ladepunkte versorgen können. Einen Haken hat das Ganze allerdings: Nutzer müssen einen Aluminiumzylinder mitbringen, eine Art Gegenstück zur im Boden versenkten Ladestation. Erst wenn sie das 50 Zentimeter hohe Teil anschließen, kann das Auto laden. Bislang testet Trojan Energy seine Technik in London.

Nicht zuletzt gibt es bereits die ersten mobilen Laderoboter. Volkswagen hat zum Beispiel Ende 2020 einen Prototypen gezeigt. Die TU Graz arbeitet wiederum mit Robotik-Spezialisten am autonomen Stromtanken. Und der weltweit zweitgrößte Autozulieferer Continental hat ein seriennahes Ladesystem entwickelt, das wie das von Trojan Energy auf zwei Komponenten beruht: Zum einen gibt es eine Bodeneinheit, sie muss auf der Parkfläche liegen montiert sein. Zum anderen gibt es eine Einheit, die am Unterboden des Fahrzeugs angebracht ist. Parkt der Fahrer das Auto über dem smarten Parkplatz, verbinden sich die Komponenten automatisch – und das Fahrzeug lädt.

(ID:48022919)