Infotainment bis Body-Elektronik: Wie lassen sich elektromagnetische Störgrößen eindämmen?

Autor / Redakteur: Vental Mao* / Benjamin Kirchbeck

Elektromagnetische Störgrößen stellen in vielen Designs ein ernstes Problem dar. Dies gilt insbesondere für Automotive-Anwendungen. Meist minimieren Designer die Ursachen beim Entwurf des Schaltplans und der Ausarbeitung des Layouts bereits an der Quelle, indem sie die Fläche von Schleifen mit steilen Stromflanken minimieren und die Anstiegsgeschwindigkeiten beim Schalten verringern. Was aber, wenn das nichts nützt? Und welche Alternativen bleiben?

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Leitungsgeführte elektromagnetische Störgrößen lassen sich auf wesentlich mehr Arten eindämmen, als Sie vielleicht denken.
Leitungsgeführte elektromagnetische Störgrößen lassen sich auf wesentlich mehr Arten eindämmen, als Sie vielleicht denken.
(Bild: Bosch)

Gelegentlich aber nützt alle Vorsicht beim Entwurf des Schaltplans und des Layouts nichts und es will einfach nicht gelingen, die leitungsgeführten Störgrößen im notwendigen Umfang einzudämmen. Warum? Die Störgrößen hängen nicht nur von den Parasitics in der Schaltung ab, sondern werden auch von der Höhe der Ströme beeinflusst, und nicht zuletzt haben Ein- und Ausschaltvorgänge Unstetigkeiten im Stromverlauf zur Folge. Diese Unstetigkeiten wiederum erzeugen eine Spannungswelligkeit am Eingangskondensator, was die elektromagnetischen Störgrößen verstärkt.

Es ist also ratsam, auch andere Möglichkeiten zur Verringerung der leitungsgeführten Störgrößen in Betracht zu ziehen – zum Beispiel durch Hinzufügen eines Eingangsfilters zum Glätten der Spannungsschwankungen oder durch Nachrüsten einer Abschirmung gegen die Ausbreitung der Störgrößen.

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Bild 1 zeigt ein vereinfachtes EMI-Filter, das aus einem Gleichtaktfilter (engl. Common Mode, CM) und einem Gegentakt-Filter (engl. Differential Mode, DM) besteht. In der Regel filtert das DM-Filter alle Störgrößen unterhalb von 30 MHz aus, während das CM-Filter solche im Bereich von 30 MHz bis 100 MHz ausfiltert. Beide Filter haben Auswirkungen auf das gesamte Frequenzband, in dem eine EMI-Begrenzung erforderlich ist.

Bild 2 zeigt als Beispiel die positiven und negativen Störungen aus der Eingangsleitung ohne jegliches Filter im Infotainment-System sowie die maximalen und die durchschnittlichen Störungen. In dem geprüften System kommen ein einkanaliger SIMPLE SWITCHER® Abwärtswandler des Typs LMR14050-Q1 zur Erzeugung von 5 V bei 5 A sowie ein dreikanaliger Abwärtswandler des Typs TPS65263-Q1 zum Einsatz. Letzterer liefert 1,5 V bei 3 A, 3,3 V bei 2 A und 1,8 V bei 2 A. Die Schaltfrequenz beträgt 2,2 MHz. Als Norm für leitungsgeführte Störgrößen kommt in dem Diagramm CISPR 25, Klasse 5 (Comité International Spécial des Perturbations Radioélectriques) zur Anwendung.

In Bild 3 ist das EMI-Spektrum mit einem DM-Filter zu sehen. Im mittleren Frequenzbereich (2 MHz bis 30 MHz) werden die Gegentakt-Störgrößen durch das Filter um nahezu 35 dBμV/m gedämpft. Eine Abschwächung erfahren auch die hochfrequenten Störgrößen von 30 MHz bis 100 MHz, jedoch wird hier der Grenzwert noch überschritten, weil das DM-Filter gegen die Gleichtakt-Störungen keine große Wirkung hat.

In Bild 4 sind die Verhältnisse zu sehen, wenn ein DM- und ein CM-Filter vorhanden ist. Verglichen mit Bild 3 bewirkt das CM-Filter eine Verringerung der Gleichtakt-Störgrößen um nahezu 20 dBµV/m, sodass die EMI-Eigenschaften der Norm CISPR 25, Klasse 5 entsprechen.

Auch in Bild 5 sind die Störgrößen mit DM- und CM-Filter (also mit den gleichen Filtern wie in Bild 4) dargestellt, allerdings hier mit einem anderen Layout. Gegenüber Bild 4 fällt auf, dass die Störungen über das gesamte Frequenzband hinweg um etwa 10 dBµV/m größer sind. Schlimmer noch ist jedoch, dass die hochfrequenten Störgrößen den Grenzwert der Norm überschreiten.

In Bild 6 ist zu sehen, welche Layoutänderung den Unterschied in den Ergebnissen von Bild 4 und Bild 5 verursacht hat. Im Layout zu Bild 5, das in Bild 6 rechts zu sehen ist, bilden die große Massefläche und die VIN-Leiterbahn einige parasitäre Kondensatoren. Diese wiederum stellen für das hochfrequente Signal einen Pfad geringer Impedanz bereit, auf dem es das Filter umgehen kann. Damit das Filter also maximal wirksam werden kann, müssen Sie jegliche Kupferflächen in der Umgebung des Filters auf allen Lagen entfernen, wie es im Layout links in Bild 6 geschehen ist.

Eine weitere effektive Möglichkeit zum Optimieren des EMI-Verhaltens ist das Hinzufügen von Abschirmmaßnahmen. Tatsächlich kann eine mit der Masse verbundene Metall-Abschirmung die abgestrahlten Störgrößen wirksam blockieren. Bild 7 zeigt eine Leiterplatte mit der vorgeschlagenen Platzierung der Abschirmung, die hier alle Bauelemente mit Ausnahme der Filter abdeckt.

Welches EMI-Verhalten sich einstellt, wenn alle Filter und die Abschirmung genutzt werden, ist in Bild 8 erkennbar. Hier sorgt die Abschirmung dafür, dass die Störgrößen im gesamten Frequenzband nahezu eliminiert werden, sodass sich ein ausgezeichnetes EMI-Verhalten ergibt. Insbesondere reduziert die Abschirmung das Einkoppeln der Störungen in die lange, wie eine Antenne wirkende Eingangsleitung. In dem vorliegenden Design werden die Störgrößen im mittleren Frequenzbereich meist auf diese Weise gekoppelt.

Das in Bild 9 gezeigte EMI-Verhalten wurde ebenfalls mit sämtlichen Filtern, aber einer modifizierten Abschirmung aufgezeichnet. Diese Abschirmung besteht hier aus einem metallenen Gehäuse, das die gesamte Leiterplatte umschließt. Nur die Eingangsleitungen sind herausgeführt. Bei dieser Art der Abschirmung kann ein Teil der abgestrahlten Störgrößen das EMI-Filter umgehen und in die Stromversorgungs-Leitungen der Leiterplatte einkoppeln, sodass sich das EMI-Verhalten gegenüber der Situation in Bild 8 wieder verschlechtert. Interessanterweise aber sind die EMI-Eigenschaften im hochfrequenten Bereich in den Bildern 4, 8 und 9 (alle mit dem gleichen Layout) nahezu identisch. Dies liegt daran, dass bei diesem Design nahezu keine abgestrahlten hochfrequenten Störungen auftreten.

Fazit

Zusammenfassend ist zu sagen, dass das Hinzufügen eines EMI-Filters und einer Abschirmung ein wirksames Mittel zur Verbesserung der EMI-Eigenschaften von Automotive-Systemen ist. Allerdings ist Sorgfalt geboten, was das Layout der Filter und die Positionierung der Abschirmung betrifft.

* Vental Mao ist Marketing Engineer bei Texas Instruments

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