Autonomes Fahren Chinesische Hersteller forcieren den Rollout von Autopiloten
Bei der E-Mobilität kurbelte Tesla den chinesischen Markt erst richtig an. Beim autonomen Fahren dürfte das nicht nochmals gelingen. Zu sehr versuchen die dortigen Hersteller bei der Technologie einen Führungsanspruch zu übernehmen.

Im globalen Rennen um das autonome Fahren ist China dabei, die USA zu überholen. Der Grund dafür ist der harte Wettbewerb um den besten Autopiloten im größten Markt für E-Autos der Erde. Die Autofirmen nutzen ADAS-Fahrerassistenz-Systeme als wichtiges Argument im Marketing. Das spornt die Entwickler in der Volksrepublik an, ihre Software-Lösungen für das autonome oder halbautonome Fahren so schnell wie möglich zu optimieren.
„Ein Rennen für die Dominanz beim Autopiloten verschafft China einen Vorsprung beim autonomen Fahren,“ titelte kürzlich die MIT Technology Review. Wenn selbst angesehene amerikanische Tech-Magazine vor Chinas Software-Entwicklern den Hut ziehen, dann scheint sich da gerade wirklich ein Paradigmenwechsel anzubahnen.
Lange Zeit galt Tesla als unangefochtener Marktführer auf dem Gebiet nicht nur der E-Mobilität, sondern auch der smarten Fahrerassistenz. Der von Elon Musk gegründete Pionier der E-Mobilität hat in diesem August begonnen, seinen Autopiloten mit dem Namen FSD für „Full Self-Driving“ auch in China anzubieten.
Tesla: Kein zweiter Catfish-Effekt
Eine Beta-Version von Teslas FSD sei gerade für dessen chinesische Kunden eingeführt worden, berichtet das Tech-Portal „Pandaily“ in Peking. Damit ist noch kein voll autonomes Fahren möglich, sondern der „Level 2“ auf dem Weg zu diesem Ziel. Das heißt, dass der Fahrer zwar die Hände vom Lenkrad nehmen kann, aber jederzeit bereit sein muss, selbst wieder einzugreifen.
Tesla, dass über mehrere Jahre Testerfahrung in den USA verfügt und dank seiner hohen Verkaufszahlen große Mengen an Daten gesammelt hat, werde mit seinem FSD nun zweifellos wieder den berühmten „Catfish“-Effekt in der chinesischen Industrie auslösen, schreibt das Fachportal Weike Wang. Der große Fisch bringt dann wieder Bewegung in den Teich.
Doch die Situation hat sich in den den vergangenen Jahren stark verändert, seit Tesla mit seinen E-Autos in China erstmals einen solchen Catfish-Effekt auslöste. Damals waren die Amerikaner technologisch so führend, dass sie im Alleingang technologische Routen vorgaben und dann auch für lange Zeit der Marktführer in der Volksrepublik waren. Erst im vergangenen Jahr hat das chinesische Unternehmen BYD begonnen, mehr E-Autos und Hybride in China zu verkaufen und Tesla als Marktführer abgelöst.
Ankündigungswelle chinesischer Hersteller
Nun aber, beim Autopiloten, sind die Chinesen deutlich besser auf die Konkurrenz aus den USA vorbereitet. Laut MIT Technology Review sind chinesische Anbieter von Autopiloten inzwischen sogar weltweit führend, allen voran Xpeng, Li Auto und Huawei.
Die chinesischen Hersteller müssen in dem harten Wettbewerb auf dem chinesischen Markt ihre jeweiligen NOA-Funktionen („Navigation on Autopilot“) sehr schnell in immer neuen Iterationen verbessern und so schnell wie möglich auf die Straße bringen, um konkurrenzfähig zu bleiben, schreibt das Magazin zur Begründung.
Führende chinesische Unternehmen hätten „aggressive Pläne angekündigt, in naher Zukunft ihre NOA-Dienstleistungen in Dutzenden oder sogar Hunderten von Städten einzuführen,“ schreibt die MIT Technology Review. Es habe da ein wahres Wettrennen begonnen, so das Magazin.
Li Auto, eines der erfolgreichsten E-Auto-Startups in China, will seinen Autopiloten bis Ende dieses Jahres schon in 100 Städten ausrollen. Und Xpeng hat bereits eine Liste von 200 Städten genannt, die es nach und nach „erobern“ will. Haomo.AI, ein erst vier Jahre altes Startup, will bis Ende 2024 ebenfalls schon in 100 chinesischen Städten einen lokalisierten Autopiloten im Angebot haben.
Regional unterschiedliche Anforderungen
China ist so groß und kulturell so divers, dass die Anforderungen an das autonome Fahren in verschiedenen Regionen oft sehr unterschiedlich sind. Ein Autopilot, der in Peking gut zurecht kommt, muss beispielsweise vor dem noch größeren Gewimmel in Shanghai kapitulieren.
Die Algorithmen müssen anhand von lokalen Daten an jedem Ort neu trainiert werden. Dies ist der Grund, warum die verschiedenen Anbieter in China sich gerade gegenseitig zu überbieten versuchen, um landesweit relevant und bei den Autokunden glaubwürdig zu werden.
Dieser Wettbewerb und eine wohlwollende Regierung, die bereitwillig Test-Lizenzen und andere Genehmigungen verteilt, setzen die Entwickler von autonomen Fahrfunktionen in China momentan unter Druck, ihre Produkte sehr schnell weiterzuentwickeln.
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