Ladeinfrastruktur Chinas Ladenetz: Selbst ein rasantes Wachstum reicht noch nicht
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Der Markt mit den meisten Elektroautos weltweit fordert eine adäquate Ladeinfrastruktur. Derzeit reichen aber selbst über 5 Millionen Ladepunkte nicht aus. Doch viele Unternehmen investieren – unter anderem auch aus der Erdölindustrie.

VW investiert in China kräftig in den Ausbau von Ladestationen für Elektroautos. 800 Millionen Yuan, rund 100 Millionen Euro, wollen Volkswagen China und FAW-Volkswagen gemeinsam in den chinesischen Ladestationen-Betreiber CAMS investieren. Das hat VW vor wenigen Tagen bekanntgegeben.
„CAMS New Energy Technology“ ist ein Joint-Venture-Unternehmen in Changzhou, das VW, sein Joint-Venture-Partner FAW und zwei weitere Unternehmen 2019 gegründet haben. Bis zum Juni dieses Jahres hatte CAMS bereits 1.250 Supercharging-Stationen in 180 chinesischen Städten aufgestellt mit mehr als 10.000 einzelnen Lade-Terminals. Bis 2015 sollen es mindestens 17.000 Terminals werden.
Wenn Volkswagen mit solchen Investitionen sein Vertrauen in die weitere Entwicklung des weltweit größten Marktes für E-Mobilität beweist, hat das mehrere Gründe:
Zum einen hat sich die Marktpenetration von Elektrofahrzeugen in China seit dem vergangenen Jahr dramatisch beschleunigt. 6,89 Millionen NEV oder „New Energy Vehicles”, also vor allem E-Autos und Hybride, sind 2022 in China neu verkauft worden, berichtet die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. Das waren fast doppelt so viele Einheiten wie 2021.
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Elektromobilität
VW will in Nordamerika auch Teslas Ladenetz für E-Autos nutzen
Rasantes Wachstum der Infrastruktur
Zwar geht es der chinesischen Wirtschaft seit Anfang dieses Jahres schlechter. Sie erholt sich nur sehr langsam von den extremen „Null-Covid“-Massnahmen, in die sich die Pekinger Zentralregierung verrannt hatte und die sie dann rund um den Jahreswechsel nur widerwillig wieder aufgegeben hat.
Daher hat sich das Wachstum im Markt der Elektromobilität seit Beginn dieses Jahres etwas abgeschwächt. Er wächst aber nach wie vor schnell und bis Ende Juni 2023 gab es in China bereits 16,2 Millionen NEV, also die mit Abstand größte Elektroflotte weltweit.
Ähnlich rasant wächst die Ladeinfrastruktur in der Volksrepublik. 2022 wuchs die Zahl der Lade-Einheiten auf 5,21 Millionen Stück, was bei den neu aufgestellten Säulen ebenfalls einem Anstieg von knapp 100 Prozent gegenüber dem Vorjahr entsprach.
Weil die chinesische Regierung damit aber immer noch hinter ihrem selbst gesteckten Ziel einer Ratio von 1:1 zwischen NEV und Lade-Einheiten zurückgeblieben ist, erlässt sie seit Anfang dieses Jahres ein Dekret nach dem anderem, in denen ein noch schnellerer Ausbau der Ladeinfrastruktur angekündigt wird.
Politische Förderung
Das Kabinett von Premierminister Li Qiang hat angekündigt, in diesem Jahr verstärkt in kleineren Städten und Dörfern auf dem Land Ladesäulen aufstellen zu lassen. Der Staatsrat, das oberste Regierungs-Gremium in China, hat am 19. Juni eine neue „Leitlinie“ zum Ausbau eines „hochwertigen Ladeinfrastruktur-Netzes mit umfassender Abdeckung“ veröffentlicht. Nach einem solchen Startschuss von der Zentrale folgen in der Regel sämtliche Provinzregierungen und Metropolen des großen Landes mit konkreten, ehrgeizigen Zielvorgaben.
Sowohl die öffentlichen Ladestationen, von denen es bis jetzt 1,8 Millionen gibt, als auch die privaten Wallboxen und Ladesäulen, von denen es bisher 3,4 Millionen Stück gibt, sollen nun noch einmal deutlich vermehrt werden, um die auch in China noch immer bestehende Lücke aus Nachfrage und Angebot bei Ladesäulen so schnell wie möglich zu schließen.
Am letzten Nationalfeiertag war es vor allem entlang der Autobahnen zu langen Wartezeiten für frustrierte E-Auto-Fahrer gekommen. Die Regierung hat nun als Ziel vorgegeben, bis spätestens 2030 die Ratio von 1:1 zwischen Fahrzeugen und Ladesäulen erreichen zu wollen.
Prognosen lesen daraus einen weiteren Bedarf von bis zu 63 Millionen Ladesäulen in China bis zum Jahr 2023 ab, was eine ganze Reihe von neuen Unternehmen auf den lukrativen Lademarkt lockt.
OEMs, Ölfirmen und andere Investoren
Die 15 größten Betreiber von Ladestationen in China waren mit Stand Dezember 2022, in dieser Reihenfolge, TELD, StarCharge, YKC, State Grid, Xiaoju Chongdian, Evking, ShenZhen Carenergy Net, Southern Power Grid, Wancheng Wanchong, Hooenergy, EV Power, Eichong, SAIC Motor, Potevio und Winlands.
Auch viele Autohersteller bauen eigene Netze auf. Tesla hat da mit seinem Netz in China als Katalysator gewirkt und inzwischen viele Nachahmer gefunden. NIO lässt genau wie Tesla bis hoch auf das „Dach der Welt“, also auf dem tibetischen Hochland, seine Schnell-Lade-Stationen aufstellen. Sogar am Basecamp zum Mount Everest steht schon eine.
Neuerdings investieren auch chinesische und internationale Ölkonzerne stark in das chinesische Ladenetz, weil sie darin eine Chance für ihre eigene Transformation im anbrechenden Zeitalter der E-Mobilität sehen.
Man wolle sich künftig „noch stärker engagieren“, was den Ausbau von Ladestationen für Elektrofahrzeuge vor allem in Asien betrifft, sagte der CEO des britischen Ölkonzerns Shell, Wael Sawan, im Juni in einem Interview mit dem Nachrichtensender CNBC.
Vor allem von den Chancen in China ist der Shell-CEO begeistert. „Tatsächlich sehen wir in China unsere Ladekunden für Elektrofahrzeuge doppelt so oft kommen wie unsere Kunden mit Verbrennungsmotoren,” sagte Sawan.
Kombi mit bestehenden Tankstellen
Auch die Konkurrenz bei TotalEnergies investiert in das Ladenetz in China. Schon 2021 hat das Unternehmen gemeinsam mit der „China Three Gorges Corporation“ ein Joint-Venture für Ladestationen in Wuhan gegründet, die „Three Gorges TotalEnergies Charging Company“. Dessen China-Chef, Anne-Solange Renouard, hat angekündigt, bis 2025 in der Provinz Hubei 11.000 Hochvolt-Ladesäulen aufstellen zu wollen.
„Mit dem sehr öffentlichen Einstieg internationaler Ölgiganten hat sich für die chinesische Industrie der Ladesäulen ein Fenster für ein explosives Wachstum geöffnet,” kommentiert das chinesische Technologie-Portal 36Kr.
Auch die staatlichen chinesischen Energiekonzerne Sinopec und CNPC investieren schon stark in ein eigenes Netz von Ladestationen, die sie ähnlich wie Shell vielerorts mit ihren existierenden Tankstellen kombinieren wollen.
Gleichzeitig hat Sinopec im August vergangenen Jahres aber auch mit dem Bau von alleinstehenden „Super- Ladestationen“ unabhängig vom existierenden Tankstellen-Netz begonnen, in denen bis zu 24 E-Autos auf einmal in kurzer Zeit aufgeladen werden können.
Eine der ersten Stationen dieser Art steht in Longyan in der Provinz Fujian und ist ein Gemeinschaftsprojekt der Ölfirma mit dem „State Grid“, dem staatlichen chinesischen Energieversorger. Und CATL, der weltweit größte Produzent von Autobatterien, hat ebenfalls Ambitionen angemeldet, im Lademarkt seiner Heimat zu einem führenden Player aufsteigen zu wollen.
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